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Gute Investitionen in gutes Personal sicherstellen

24.04.17 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Noch vor ein paar Jahren war es üblich, dass in den Stellenanzeigen vieler Eisenbahnunternehmen Sätze standen wie „Die Finanzierung durch einen Bildungs- oder Sozialleistungsträger ist obligatorisch“. Das hat sich inzwischen geändert und nicht nur die DB AG, sondern auch die allermeisten anderen Verkehrsunternehmen beteiligen sich aktiv an der Nachwuchssuche und übernehmen hierfür auch die finanzielle Verantwortung. Zurecht!

Natürlich ist der Zugang über die Arbeitsämter im Land eines von vielen Mitteln der Wahl. Da die Durchfall- und Abbrecherquoten unter Arbeitslosen höher sind als unter Bewerbern, die sich aus eigener Initiative gemeldet haben, ist es auch legitim, wenn die zuständigen Stellen sich an der Finanzierung der Ausbildung beteiligen.

Denn gerade in strukturschwachen Regionen hat die Eisenbahnbranche in den letzten 15 Jahren vielen Menschen ohne Arbeit eine neue Perspektive gegeben. Es ist aber eine Pervertierung dessen, wenn einige Unternehmen sagen „Ausbildung nur wenn ein anderer zahlt“. Wozu das oft führen kann, ist zudem auch immer wieder an Zugausfallquoten ersichtlich. Nur wer gut in seine Mitarbeiter investiert, hat am Ende auch zuverlässiges Personal.

Und jemand, der von seinem Beruf genug hat und von Eisenbahn-Müller oder Schienen-Schultz die Chance auf eine neue Perspektive bekommt, ist am Ende des Tages auch ein loyaler Arbeitnehmer. Deutlich mehr als jemand, der vom Arbeitsamt geschickt oder über eine Transfergesellschaft vermittelt wurde. Aus dem Ruhrgebiet sind Geschichten überliefert, nach denen ehemalige Opel-Mitarbeiter aus Bochum ihre Ausbildung zum Lokführer abgebrochen haben sollen.

Warum? Weil sie sich, so erzählt man sich, aus eigener Initiative bei Daimler-Benz in Düsseldorf beworben haben, wo sie mit Freuden angenommen wurden. Das Prinzip „Wir machen die zum Lokführer, die woanders nicht reinkommen“ hat also früher nicht funktioniert und tut es in Zukunft auch nicht. Entsprechend muss man, gerade in Regionen mit hohem Beschäftigungsstand, aktiv um die Leute werben.

Nicht nur der klassische Mittelstand mit acht bis zwölf Beschäftigten, sondern auch viele größere Industriebetriebe sind hier eine direkte Konkurrenz. In Sachsen-Anhalt oder Duisburg-Marxloh kann man vielleicht noch auf Anruf beim Arbeitsamt einige Bewerber bekommen. In München oder Stuttgart geht das nicht. Umso wichtiger ist es, dass die Unternehmen bei Betreiberwechseln vertrauensvoll zusammenarbeiten und Lösungen für die betroffenen Personen finden. Aber auch hier gilt: Mitarbeiter werden in der Regel bei ihren bisherigen Arbeitgebern bleiben.

Es kursieren viele Geschichten in der Branche, dass Einzelgespräche mit interessierten Leuten geführt worden sind, die sich dann nicht gegen den neuen Betreiber, sondern zugunsten ihres langjährigen Arbeitgebers entschieden haben. Die ganze Situation zeigt aber auch eins: Horrorszenarien, wie sie immer wieder verbreitet werden, wonach Ausschreibungen mit Arbeitsplatzverlusten, überregionalen Versetzungen, Arbeitslosigkeit oder Weiterbeschäftigungen zu stark verschlechterten Konditionen mit sich bringen, sind frei erfunden.

Siehe auch: Eisenbahnbranche sucht Lokführer

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