Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Der Gipfel der Respektlosigkeit

03.04.17 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld

Ein Aufgabenträger ist nicht befugt, Zwangsvorladungen auszusprechen oder polizeiliche Vorführungen zu veranlassen. Manchmal ist man fast versucht zu sagen: „Eigentlich schade!“ Denn wenn der Zweckverband SPNV Münsterland zu seiner Verbandsversammlung den derzeit größten Schlechtleister einlädt, um über die notwendigen Problemlösungen zu sprechen, dann ist es der Gipfel der Respektlosigkeit, wenn das Unternehmen einfach niemanden schickt.

In den letzten Monaten und gerade in der Adventszeit 2016 hat die Eurobahn durch völlig inakzeptable Zugausfälle, Unterkapazitäten und andere erhebliche eigenverschuldete Probleme dem Verkehrsträger Eisenbahn einen nachhaltigen Schaden zugefügt. Das Bild, das die Tochtergesellschaft der französischen Staatseisenbahn hier macht, wird nicht besser, wenn man sich auf Einladungen durch die Aufgabenträger totstellt.

Im Gegenteil. Jetzt ist es an der Zeit, zu zeigen, wer Koch und wer Kellner ist. Denn seien wir ehrlich: Bei allen Pönalisierungen, Abmahnungen und öffentlicher Kritik: Wirklich passiert ist nie was. Weder wurde ein Verkehrsvertrag außerordentlich gekündigt noch hat man dem Unternehmen gesagt „Solange Ihr eure Bestandslinien nicht im Griff habt, berücksichtigen wir Euch bei neuen Vergaben nicht!“

Gut, das mag juristisch alles schwer sein. Es hat niemand was davon, wenn man die Eurobahn ob ihrer desolaten Schlechtleistungen in ihren Bestandsnetzen von der Vergabe anderer Aufträge ausschließt und diese sich dann erfolgreich ins Ausschreibungsverfahren einklagen. Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Aber wann ist denn der Punkt gekommen, an dem Schluss mit lustig ist und den Worten Taten folgen?

Vielleicht sollte man es einfach mal versuchen, denn die Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahren deutlich zugunsten der Auftraggeber gewandelt. Denn ein Unternehmen, das jetzt solche Probleme hat, soll in wenigen Monaten (es ist April und im Dezember muss alles laufen) das Elektronetz Teutoburger-Wald übernehmen. Wo sollen die Leute herkommen?

Angeblich sollen zahlreiche Ausbildungskurse laufen, das ist ja schön und gut. Aber ob das reicht, sowohl die mangelhafte Personaldecke in den Bestandsnetzen, die Fluktuation und die Übernahme eines neuen Netzes abzudecken?

Und welchen Eindruck bekommen Fahrgäste, die bislang eine zuverlässige und qualitativ hochwertige Westfalenbahn gewohnt sind, wenn ab Dezember die gleichen Züge neue Aufkleber bekommen, aber öfter ausfallen und sich deren Zustand insgesamt verschlechtert. Zumindest muss man nach allen praktischen Erfahrungen mit der Eurobahn davon ausgehen, dass man nicht in der Lage sein wird, die hohe Qualität der Westfalenbahn zu halten.

Und wenn zu diesen Schlechtleistungen auch noch so eine Unverschämtheit kommt wie letzte Woche in Münster, dann steht der Aufgabenträger vor einer wichtigen Weggabelung: Macht man sich als Herr der Kasse zum Chef im Ring oder versteht man sich als Subventionsbewilligungsstelle, die Zuschläge inklusive Freibrief für 15 Jahre Schlechtleistungen erteilt? Es ist zu hoffen, dass es auf ersteres hinausläuft.

Siehe auch: Eurobahn-Probleme werden aufgearbeitet

Kommentare sind geschlossen.