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Viel Glück, Herr Lutz!

27.03.17 (Allgemein, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Am letzten Donnerstag war hier an dieser Stelle die Rede über die Eisenbahnpolitik in Deutschland auf Bundes- und Landesebene. Aber wie sieht eigentlich die Unternehmenspolitik der DB AG aus? Jetzt wurde die letzte Bilanz von Rüdiger Grube vorgelegt und nach dessen Abtritt muss der Nachfolger Richard Lutz sich die Frage stellen, in welche Richtung die deutsche Staatseisenbahn in ihren Märkten fahren soll.

Bleiben wir ruhig bei DB Regio: Dort konnte man in den letzten Jahren überhaupt keine geschlossene Systematik erkennen. Man versucht es mal mit Kampfpreisen, mal bejubelt man sich selbst, dass man Ausschreibungen wegen zu hoher Kostenstrukturen nicht für sich entscheiden kann oder man zieht sich beleidigt, wie im Freistaat Sachsen, ganz aus dem Geschäft zurück. Ja was denn nun?

Natürlich mag man kurzfristig sachunkundige Mandatsträger beunruhigen, die eine ehrliche Angst um die Eisenbahnverbindung ihres Wahlkreises haben: Oh Nein! Ein außer Kontrolle geratener Verkehrsverbund hat die Bundesbahn vergrault und bald fahren keine Züge mehr! Nur dass sich dann relativ schnell herausstellen wird, dass die Züge dann von wem anders gefahren werden und dass man „die Bundesbahn“ so dringend gar nicht braucht. Die Zeiten der lukrativen Direktvergaben sind vorbei. Man muss sich bei DB Regio auf ein hart umkämpftes Marktumfeld einstellen.

Es wird in Zukunft nie wieder Marktanteile von achtzig Prozent und mehr geben. In manchen Ländern, etwa dem Freistaat Thüringen, liegt der Marktanteil bei nur noch rund einem Drittel. In anderen Ländern ist das noch besser, aber bundesweit im Durchschnitt werden „Bundesbahn-Züge“ in Zukunft nur noch einige von vielen sein.Darauf muss man sich einstellen und unter der Führung von Richard Lutz kann man jetzt Dinge anpacken, denen man sich unter den Vorgängern Grube und Mehdorn aus ideologischen Gründen noch verweigert hat.

Das gilt auch im Fernverkehr: Natürlich wäre es schön, wenn man in ganz Deutschland kräftig die Regionalisierungsgelder für die InterCity-Leistungen anzapfen könnte. Das wird aber nicht funktionieren. Viele Aufgabenträger machen das nicht mit und dort – etwa im NWL-Gebiet – wo sich die Aufgabenträger doch zu fragwürdigen Deals hinreißen lassen, stehen andere Unternehmen auf der Matte und setzen ihre berechtigten Ansprüche juristisch durch. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis ein zweites Abellio-Urteil gefällt wird.

Dem NWL in Nordrhein-Westfalen hat die Vergabekammer einer solchen SPFV-Alimentierung bereits einen Riegel vorgeschoben. Man wird sich also überlegen müssen, wie das im Fernverkehr weitergeht. Allerdings: Solange selbst die Initative Deutschlandtakt sich nicht traut auszusprechen, dass die vollständige Eigenwirtschaftlichkeit im SPFV nicht funktioniert, droht hier auch kein Ungemach.

Aber wenn der Fernverkehr auch in Zukunft ein Streichkonzert bleibt, und das droht ja, dann fehlt auch hier das Konzept. Das bedeutet also, nach turbulenten Jahren unter Mehdorn und Grube muss man jetzt in die Zukunft blicken. Man braucht unternehmenspolitische Visionen und dennoch Ernsthaftigkeit. Viel Glück, Herr Lutz!

Siehe auch: DB AG legt Jahreszahlen vor

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