Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Kostengerechtigkeit statt Subventionswettbewerb

23.03.17 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Eine auskömmliche öffentliche (Ko-)Finanzierung ist eine Grundvoraussetzung zur Stärkung des Verkehrsträgers Schiene. Die Erkenntnis ist so richtig wie trivial und soll hier auch gar nicht in Abrede gestellt werden. Aber ein Blick auf die letzten Jahre zeigt, dass man hier auf einem guten Weg ist: Sowohl das LuFV-Budget zugunsten von DB Netz als auch die Regionalisierungsgelder zugunsten der Aufgabenträger wurden erhöht. Dennoch hat die Schiene Probleme, die in anderen Bereichen liegen.

So tobt im Güterverkehrsbereich ein gnadenloser Preiskamp und die Eisenbahn steht im Wettbewerb mit dem Lastwagen. Aber wem nutzt das, wenn der Bahnstrom (in der Regel zugunsten des Bundesunternehmens DB Energie) immer teurer wird, Dieselkraftstoff aber in den letzten Jahren billiger wurde? Wenn gleichzeitig die Trassenpreise (zugunsten des Bundesunternehmens DB Netz) massiv steigen, während die Maut konstant niedrig gehalten oder sogar gesenkt wird, dann hat die Schiene ein Problem, das sich nicht oder nicht vernünftig mit mehr öffentlichen Geldern für die Eisenbahn lösen lässt.

Deswegen braucht Deutschland eine Verkehrspolitik, die verhindert, dass die Verkehrsträger untereinander in eine durch einen Subventionswettbewerb ausgelöst Preisspirale nach unten eintreten. Mehr Kostengerechtigkeit tut Not! Verkehrsraum und -fläche sind knappe Güter und kosten entsprechend. Im Moment muss man einfach nüchtern konstatieren, dass eine Lastwagenfahrt viel zu billig ist. Wenn Berliner Hotels ihre Bettwäsche tagsüber zum Waschen nach Polen fahren, dann mag das eine amüsante Note haben, aber das belegt diese These wunderbar.

Alle Welt redet dieser Tage von „regionalem Handeln“ und wir haben durch viel zu billigen Massentransport erreicht, dass das Gegenteil von Regionalität der Alltag ist. Wenn ein Lastwagen mit dreißig Tonnen über die Straße fährt, dann beträgt die Infrastrukturbelastung nicht etwa das dreißigfache dessen, was ein eine Tonne schweres Auto verursacht, sondern die Belastung steigt im Quadrat. Wie war das nochmal? Das dreißigfache Gewicht sorgt für eine Belastung von 30²? Sie haben richtig gerechnet: Eine Lastwagenfahrt verschleißt die Infrastruktur so sehr wie 900 Autofahrten!

Übrigens gilt das analog auch auf der Schiene. Viele Baustellen sind nicht notwendig, weil hundert Tonnen schwere Regionalzüge die Gleise kaputt gefahren haben, sondern Güterzüge mit einem Gewicht von mehreren tausend Tonnen. Wenn dann aber ein Güterzug nur ein Bruchteil der Trassenpreise des Regionalzuges zahlt, dann haben wir ein Problem, denn dann wird der Güterverkehr faktisch (über die Trassenpreise) durch die Regionalisierungsgelder mitfinanziert.

Und das ist notwendig, weil die Güterzüge ansonsten im Wettbewerb gegen viel zu billige Lastwagenfahrten nicht mithalten können. Also bei genauerer Betrachtung stellen wir fest: Der Subventionswettbewerb ist längst Realität. Was auch immer für eine Farbenlehre demnächst die Bundesregierung stellt, es ist an der Zeit, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Dann – und wahrscheinlich nur dann – hat der neue Bahnchef Erfolg.

Siehe auch: Offiziell: Richard Lutz soll Bahnchef werden

Kommentare sind geschlossen.