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Schnellschüsse verhindern

09.02.17 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Was spräche objektiv eigentlich dagegen, jetzt einmal inne zu halten und zu sagen: Wir lassen uns Zeit mit der Entscheidung bis nach den Bundestagswahlen. Die am 24. September endende Legislaturperiode ist politisch ohnehin zu so gut wie beendet und dass Rüdiger Grube überhaupt nochmal eine Vertragsverlängerung über 2017 hinaus hätte erhalten können lag offenkundig einzig und allein an der Hoffnung, die Nachfolgefrage auf die Zeit nach dem Wahlsonntag zu verschieben.

Wir wissen nicht, welche politische Farbenlehre uns im nächsten Jahr regiert und selbst bei einer Fortsetzung der großen Koalition ist es durchaus möglich, dass man sich in eisenbahnpolitischen Fragen zu ganz anderen Dingen entschließt als sie jetzt gemacht werden. Welche Rolle soll der Verkehrsträger Schiene in Deutschland in Zukunft spielen und welche Funktion hat der Konzern DB AG dabei? Braucht man noch eine staatliche DB Regio AG, wenn man doch 27 Aufgabenträger hat, die gemeinwirtschaftliche Interessen vertreten?

Aber müsste man im Falle einer Privatisierung nicht die Infrastruktursparten in öffentlicher Hand belassen, weil es sich hierbei um originäre Kernaufgaben der Staatlichkeit handelt? Es ist Sache der öffentlichen Hand, ein Eisenbahnnetz zu betreiben; beim darauf stattfindenden Verkehr sieht die Sache schon anders aus. Natürlich müssen gemeinwirtschaftliche Angebote durch die öffentliche Hand sichergestellt werden, aber hat man nicht gerade dafür ein Bestellerprinzip, das sich in den letzten über zwanzig Jahren bewährt hat?

Und wäre es nicht viel besser, das auf den SPFV auszuweiten als darauf zu hoffen, dass DB Fernverkehr bestimmte Angebote schon dauerhaft aufrecht erhält? Und wie ist es in Sachen Güterverkehr? Ist es überhaupt Angelegenheit des Staates, im In- oder sogar Ausland Güter zu speditieren? Nein, das ist es nicht. Der Staat hat hier andere Zuständigkeiten. Dieser müsste zum Beispiel dafür sorgen, dass zwischen den Verkehrsträgern Kostengerechtigkeit gilt.

Dass nicht einerseits die Trassenpreise bei Güterzügen jedes Jahr um ein vielfaches der Inflation steigen, während umgekehrt die Maut für Lastwagen nach einen mehrjährigen Moratorium gesenkt wird. Angesichts dessen kann niemand ernstzunehmend sagen, dass es ein politisches Interesse gäbe, den Verkehrsträger Schiene zu stärken. Sonntagsreden sind das eine, aber an ihren Tagen sollt Ihr sie erkennen. Jetzt tut ein Neuanfang Not!

Und bevor man nicht in einem neuen Koalitionsvertrag nach den Bundestagswahlen entschieden hat, wie es weitergehen und wo die Deutsche Bundes-Bahn AG hinfahren soll, braucht man auch die Personalie des Vorstandsvorsitzenden nicht zu besetzen. So ein Konzern, gerade wenn Finanzvorstand Richard Lutz den vakanten Posten derzeit kommissarisch inne hat, kann auch einige Monate auf Sicht fahren.

Und seien wir ehrlich: Das Auf-Sicht-Fahren war ja das Markenzeichen der DB AG unter Grube. Die komplett fehlende unternehmenspolitische Ausrichtung. Nach acht Jahren ohne Konzept kann man das nun bis zur Klärung dessen, was man in Zukunft will, noch einige Monate weiter aushalten und in Ruhe abwarten.

Siehe auch: Debatte um Grubes Nachfolger

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