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Rüdiger Grube verlässt DB-Konzern

02.02.17 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Völlig überraschend hat Rüdiger Grube am vergangenen Montag seinen Rücktritt erklärt. Nach fast acht Jahren ist er nicht mehr Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG. Es werden nun Auflösungsverhandlungen über seinen eigentlich noch bis Ende 2017 laufenden Vertrag geführt. Eigentlich gingen alle Beobachter davon aus, dass in dieser Woche eine Vertragsverlängerung bekannt gegeben würde. Doch in genau dieser Vertragsverlängerung lagen offensichtlich die Ungereimtheiten.

Grube wäre wohl bereit gewesen, einen neuen Vertrag zu gleichen Bezügen zu unterschreiben, der bis zum 31. Dezember 2020 gegangen wäre. Am Ende dieses Vertrages wäre Rüdiger Grube (Geburtsjahrgang 1951) 69 Jahre alt und längst im Rentenalter. Beim Aufsichtsrat wollte man ihm jedoch nur einen zweijährigen Vertrag geben, bis zum 31. Dezember 2019. Auch dann wäre er mit über zehn Jahren Amtszeit der längste Bahnchef überhaupt gewesen, aber hier war er wohl mit einer Nullrunde nicht einverstanden, so kam es zum sofortigen Ausstieg.

Die offizielle Verlautbartung des Konzerns ist denkbar knapp gehalten. Der Aufsichtsrat danke dem langjährigen Vorstandsvorsitzenden „für seinen ungewöhnlich großen Einsatz in den vergangenen knapp acht Jahren für das Unternehmen. Der Aufsichtsrat wird zeitnah über eine Nachfolge entscheiden.“ Gemäß Geschäftsordnung wird Finanzvorstand Richard Lutz kommissarisch den Vorstandsvorsitz übernehmen.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Utz-Hellmuth Felcht sagte, Grube habe „sich bleibende Verdienste erworben, gerade auch im Hinblick auf die Zukunftssicherung der DB. Die Digitalisierung der DB ist ebenso mit seinem Namen verbunden wie das Qualitätsprogramm Zukunft Bahn.“ Besonders wortkarg gab man sich bei der EVG. Dort, so heißt es von Gewerkschaftschef Alexander Kirchner, nehme man die Entscheidung „zur Kenntnis“ und dankt ihm für sein Engagement. „Nun gilt es schnell einen geeigneten Nachfolger zu finden.“

Die Entscheidung über den Nachfolger ist eine politische und wird von der großen Koalition getroffen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) spielt hier ebenso eine Rolle wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (beide CDU). Auch bei der SPD wurde ein Mitspracherecht angemeldet. So verwies der designierte Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz auf gemeinsame Entscheidungen im von SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel koordinierten Koalitionsausschuss.

Naheliegend wäre Ronald Pofalla, der nach den Bundestagswahlen 2013 überraschend aus der aktiven Politik in den DB-Konzern gewechselt ist. Ihm fehlt es allerdings bislang an Erfahrung mit der operativen Führung von Unternehmen dieser Größenordnung. Für ihn kommt der Schritt zur Unzeit: In zwei oder drei Jahren wäre er nach einer erweiterten Vorstandstätigkeit wohl der naheliegendste Kandidat gewesen. So scheidet er wahrscheinlich aus dem Rennen aus.

Medienberichten zufolge sollen auch Stephan Krenz von Abellio und Christian Schreyer von Transdev im Gespräch sein. Beide Unternehmen haben der Deutschen Bahn gerade im Regionalverkehr in den letzten Jahren immer wieder das Leben schwer gemacht. Wie glaubwürdig solche Berichte sind, ist schwer zu bewerten.

Matthias Gastell, eisenbahnpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, forderte mit der Neubesetzung des Postens auch die Eisenbahnpolitik aus dem Bahntower herauszuholen. Gastell: „Wir brauchen jetzt einen ausgewiesenen Experten der Bahnbranche, keinen weiteren Auto- oder Luftfahrtmanager. Wegen schwerwiegender Fehler im Bahnmanagement und auch von Verkehrsminister Dobrindt, dümpelt die Bahn vor sich hin, mit maroder Infrastruktur, fragwürdigen Geschäftsbereichen und einem bedrohlichen Schuldenstand. Kanzlerin Merkel und Dobrindt stehen jetzt in der Pflicht.“ Man brauche einen „personellen und strategischen Neuanfang.“

Fehlende politische Stringenz habe ihr übriges getan. Gastell: „Der offene Bruch zwischen dem Vorstandsvorsitzenden und Aufsichtsrat zeigt in aller Deutlichkeit, dass die Bundesregierung als Vertreterin des alleinigen Eigentümers und der DB-Vorstand in den letzten Jahren nicht mehr harmonierten. Schon im Herbst wurde das Scheitern von Bund und Bahn-Spitze deutlich, als Hilfszahlungen aus dem Bundeshaushalt den DB-Konzern retten sollten. Willkürlich wechselten sich unangemessene Einmischungen und das Unterlassen von klaren Vorgaben ab.“

Siehe auch: Die Bilanz ist nicht gut

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