Herstellerverantwortung intensivieren
23.02.17 (Großbritannien & Irland, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Wenn ein Hersteller die Möglichkeit hat, einem Betreiber nach Ablauf einer zwei- bis vierjährigen Garantie möglichst viele Ersatzteile zu liefern, dann ist das etwas anderes als wenn ebenjener Hersteller für dreißig Jahre und länger die Funktionstüchtigkeit der Flotte gewährleisten muss. Sobald der Hersteller mit seinen Zügen über die Produktionsphase hinaus betraut ist (und bleibt) entstehen natürlich wartungsfreundlichere Fahrzeuge. Das ist auch kein Wunder, denn der Hersteller handelt, wie der Betreiber, in jedem Fall wirtschaftlich.
Es ist daher in großen Netzen sehr wohl sinnvoll – wie man es jetzt beim Rhein-Ruhr-Express oder S-Bahn im VRR gemacht hat – Wartung und Betrieb getrennt zu vergeben. Und der Blick nach Großbritannien zeigt, dass vermeintlich chaotische Zustände, ein Wirrwarr an Verantwortlichkeiten und multilaterale Vertragskonstellationen, bei denen verschiedene Akteure gegeneinander arbeiten, eben nicht die Regel werden.
Im Gegenteil. Vieles wird besser und an einem möglichst guten Endprodukt sollte allen gelegen sein. Das gilt im SPNV ebenso wie im kommunalen Schienenverkehr. Denn es ist kein Naturgesetz, dass die Stadtwerke dieser Welt mit ihren Netzen von den Regulierungsvorschriften ausgenommen werden, weil – ja warum eigentlich? Weil man in Deutschland irrationalerweise glaubt, Unternehmen im Eigentum der öffentlichen Hand könnten per se besser arbeiten?
Hat die Eisenbahnreform uns nicht gerade erst gezeigt, dass das nicht der Fall ist? Wenn die öffentliche Hand sich in Form von Aufgabenträgern weiterhin am Gesamtsystem beteiligt, dann hat man eine Trennung von Be- und Erstellern und kann die wirtschaftlichsten, besten und hochwertigsten Betreiber ans Ruder lassen, während der gemeinwirtschaftliche Besteller Qualität und Leistung sichert. Natürlich gibt es hier Spannungsverhältnisse, die sind in langlaufenden Verträgen inhärent und lassen sich nicht vermeiden.
Aber: Wenn die Züge im Eigentum der Aufgabenträger stehen und dieser zudem separate Wartungs- und Instandhaltungsverträge hat, dann bedeutet das im Zweifel, dass sich Verkehrsverträge mit notorischen Schlechtleistern deutlich einfacher kündigen lassen. Da braucht man dann nicht mehr zu befürchten, dass das gekündigte Unternehmen seine Züge nimmt und geht, denn sie bleiben ja im Eigentum des Aufgabenträgers.
Wenn dieser vermeintliche Risiken nicht selbst eingehen will – was man akzeptieren muss – gibt es noch immer die Möglichkeit, direkte Verträge mit Leasinggesellschaften einzugehen. Dann ist der Aufgabenträger eben nicht Eigentümer der Fahrzeuge, sondern Mieter. Natürlich sind hier Szenarien möglich, dass Züge ihre Zulassung verlieren und nicht mehr fahren dürfen.
Das kann aber auch bei anderen Eigentumsverhältnissen des Rollmaterials passieren und wenn eine ganze Flotte von heute auf morgen stillgelegt wird, dann hat der Aufgabenträger in jedem Fall ein Problem. Denn als gemeinwirtschaftlich zuständige Stelle ist für diesen ein funktionierender Eisenbahnverkehr das wichtigste. Es spricht also eine Menge dafür, künftig verstärkt Herstellwartungsverträge zu machen.
Siehe auch: Stadler erhält Großauftrag aus Liverpool