Die Länder müssen den Konflikt suchen
16.02.17 (Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Zeit vergeht ja manchmal wie im Fluge – das muss man auch als Eisenbahner anerkennen. Es ist tatsächlich fast zehn Jahre her – und kommt manch einem doch noch gar nicht so weit vor – dass im Bundesrat bereits einmal ein Gesetz zum SPFV verabschiedet wurde. Seitdem fällt vor allem auf, dass die Länder genügsamer geworden sind. Während man damals dem Bund noch ins Stammbuch geschrieben hat, dass jedes deutsche Oberzentrum mit Gleisanschluss einen Rechtsanspruch auf sechs SPFV-Zugpaare pro Tag haben soll und darüber hinaus die Zahl der SPFV-Zugkilometer aus dem Jahr 2007 nie wieder unterschritten werden darf, ist diesmal nur von einem SPFV-Plan die Rede und dass die Aufgabenträger der Länder bzw. die kommunalen Zweckverbände mit einem bundeseigenen Aufgabenträger zusammenarbeiten sollen.
Ja, es sollen immer noch Oberzentren angeschlossen werden, aber konkrete Ansprüche bleiben im jetzt im Bundesrat verabschiedeten Gesetzesentwurf außen vor. Vielleicht reicht ja auch ein Zug in der Woche? Zeitweise hat man bei der DB AG solche Sachen ja gemacht, dass Bahnhöfe irgendwann in der Tagesrandlage mal von Fernzügen angefahren wurden und schon waren diese Fernverkehrssystemhalte und die Stationsgebühren für den Regionalverkehr stiegen entsprechend.
Nach den notwendig gewordenen Änderungen im Rechtsrahmen ist das nicht mehr möglich, wohl aber stellt sich die Frage, was denn ein angemessener Fernverkehrsanschluss ist. Oder hoffen die Länder, dass sie bei geringeren Forderungen dem Bund gegenüber mit ihrem Gesetz eher in den Bundestag vordringen? Das alte Fernverkehrssicherungsgesetz wurde dort jedenfalls nie debattiert. Damit liegen jetzt also zwei Gesetze vor, die der Bundesrat bereits verabschiedet hat, aber deren tatsächliches Inkrafttreten ist fraglich.
Und da sollte vielleicht der eine oder andere Landesverkehrsminister einmal in sich gehen und überlegen, ob nicht eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Bund sinnvoller wäre. Artikel 87e des Grundgesetzes verpflichtet den Bund nämlich 1. eine angemessene SPFV-Versorgung sicherzustellen und 2. ein Bundesgesetz zu erlassen, das konkrete Regelungen enthält. Beides gibt es nicht. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass es überall dort kein Verkehrsbedürfnis gebe, wo DB Fernverkehr nicht bereit ist, eigenwirtschaftlich zu fahren.
Ansonsten ist diese Eigenwirtschaftlichkeit nirgendwo festgehalten. Nicht im genannten Grundgesetz-Artikel und auch sonst weder im Regionalisierungsgesetz noch im Deutsche-Bahn-Gründungsgesetz. Es wird also Zeit, dass die Länder hier den Konflikt suchen. Der Bund wird sich der Sache von sich aus nicht annehmen. Erst recht nicht dann, wenn die Aufgabenträger bestrebt sind, InterCity-Leistungen aus Regionalisierungsgeldern zu alimentieren. Glücklicherweise hat eine Vergabekammer dem erst jüngst einen Riegel vorgeschoben. SPFV muss ausgeschrieben werden und zwar auf Bundesebene. Um das sicherzustellen ist nach fast einem Vierteljahrhundert Eisenbahnreform der Konflikt nötig. Der Bund wird von sich aus nicht reagieren.
Siehe auch: Bundesrat verabschiedet SPFV-Gesetz