Debatte um Grube-Nachfolger
09.02.17 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Nachdem der bisherige Vorstandsvorsitzende Rüdiger Grube Anfang letzter Woche überraschend zurückgetreten ist, hat die Debatte um einen möglichen Nachfolger Fahrt aufgenommen. Wie die Tagesschau berichtet soll Andreas Meyer, derzeit Chef der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) hoch im Kurs stehen. Er ist seit rund zehn Jahren oberster Eisenbahner der Eidgenossen und hat bereits zwischen 1997 und 2006 für die DB AG gearbeitet. Dort war er unter anderem kaufmännischer Geschäftsführer und später Vorsitzender der Geschäftsführung von DB Energie.
Während der Konzern zur Jahrtausendwende unter der Ägide des umstrittenen Grube-Vorgängers Hartmut Mehdorn DB Energie komplett verkaufen wollte, war es Meyer, der die Konzernleitung davon überzeugt hat, von dieser Form des Outscouring abzusehen. Später war er Vorstandsvorsitzender von DB Stadtverkehr, dem Konzernunternehmen, das für Busverkehre im kommunalen Bereich zuständig ist. Die Trennung erfolgte ausschließlich aufgrund der Möglichkeit Meyers, bei den SBB anzuheuern.
Für einige Verkehrspolitiker in Deutschland ist die Schweiz in Eisenbahnfragen ein Vorbild: Zum einen wegen der Struktur aus SBB und vielen kleineren Unternehmen in kantonalem oder kommunalem Eigentum und zum anderen wegen des funktionierenden Taktverkehrs. Ob sich das allerdings einfach mit einem neuen Bahnchef auf Deutschland übertragen ließe, ist fraglich.
Ein weiterer Kandidat ist Ronald Pofalla, der nach den Bundestagswahlen 2013 überraschend aus der Spitzenpolitik in den DB-Konzern gewechselt ist. Obwohl langfristig einiges dafür gesprochen hätte, dass er Grube eines Tages beerben würde, kommt die jetzige Situation wohl zu früh für ihn. Und bei einem anderen neuen Vorstandsvorsitzenden hieße das für Pofalla, der in diesem Jahr 58 wird, wohl dass die Chancen, den Posten noch einmal zu bekommen, sehr gering sind.
Als weitere Kandidatin wird die 47jährige Sigrid Nikutta gehandelt, die seit 2010 Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe AöR ist. Auch Nikutta hat eine berufliche Vergangenheit im DB-Konzern. Die promovierte Psychologin war dort ab 1996 zunächst in verschiedenen Führungspositionen im Bildungsbereich tätig und wurde 2001 Personalleiterin bei DB Schenker Rail. Vor ihrem Wechsel zur BVG AöR war sie Vorstand für Produktion beim polnischen Tochterunternehmen von DB Schenker Rail.
Anders als Pofalla haben sowohl Meyer als auch Nikutta eine Vergangenheit im DB-Konzern und erhebliche Erfahrungen sowohl in Sachen Unternehmensführung als auch eine enge Bindung an den Eisenbahnbereich. Beides ist bei Pofalla nicht der Fall. Derweil haben sich acht Eisenbahn-Fachleute letztes Wochenende zusammengesetzt und einen gemeinsamen Appell verfasst, bis nach den Bundestagswahlen auf die Berufung eines neuen Vorstandsvorsitzenden zu verzichten.
Finanzvorstand Richard Lutz hat den Grube-Posten gemäß Geschäftsordnung bis auf weiteres kommissarisch übernommen und das solle auch noch einige Monate so bleiben. Hans Leister, einer der Hauptinitiatoren der Initiative Deutschland-Takt ist ebenso ein Unterzeichnet wie Mofair-Ehrenpräsident Wolfgang Meyer und Detlef Neuß von Pro Bahn.
Auch GDL-Chef Claus Weselsky und Christian Schreyer von Transdev sprechen sich dafür aus, die Vakanz für einige Monate beizubehalten, „bis eine Konzernstruktur gefunden ist, die auf Dauer tragfähig und sinnvoll ist. Sowohl der Infrastrukturbereich als auch die Verkehrsunternehmen der DB liegen in den Händen von verantwortlichen Vorstandsmitgliedern; diese Funktionen sollten gestärkt und besser auf die jeweiligen Bedürfnisse ihrer jeweiligen Kundengruppen ausgerichtet werden. Beide Bereiche sollen ihre in der Grundkonzeption bereits sehr unterschiedlichen Aufgaben erfüllen und ihren jeweiligen Kunden verpflichtet sein.“
Die Unterzeichner machen dabei auch konkrete Vorschläge: „Der Infrastruktur sind dabei alle Bereiche zuzuordnen, die Leistungen für alle Verkehrsunternehmen und nicht nur für DB-Verkehrsunternehmen erbringen. Dazu gehört auch das Projekt Zukunft Bahn, mit dem die Weiterentwicklung und Verbesserung des Systems der Eisenbahn in Deutschland erreicht werden soll. Eine solche Struktur würde es auch dem Eigentümer, also dem Bund, erleichtern, seine verkehrspolitischen Ziele durchzusetzen und die DB besser zu kontrollieren.“ Der offene Brief wurde an zahlreiche Stakeholder verteilt. Eine Entscheidung ist kurzfristig nicht in Sicht.
Siehe auch: Schnellschüsse verhindern