DB Cargo: Debatte um die Zukunft
13.02.17 (Güterverkehr) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Konzernspitze der Deutschen Bahn streitet mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) um die Zukunft von DB Cargo. Die EVG hat einen aus ihrer Sicht „tragfähigen Kompromiss bei der Neuausrichtung der Unternehmensziele“ vorgelegt, der vom Arbeitgeber abgelehnt wurde. Entsprechend sprach sich der Gesamtbetriebsrat gegen einen vom Vorstand vorgelegten Interessenausgleich aus.
„Wieder einmal ist deutlich geworden, dass es dem Cargo-Vorstand überhaupt nicht um eine bessere Produktion, geschweige denn um eine bessere Qualität geht oder darum, endlich wieder mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen“, stellt der Gesamtbetriebsrat in einer Erklärung fest. Und der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates, Jörg Hensel, ergänzt: „Ihn interessieren auch nicht die Schicksale der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich tagtäglich für das Unternehmen aufreiben. Es geht allein um einen zahlengetriebenen Arbeitsplatzabbau, ohne ein für uns erkennbares Konzept.“
Bei der DB AG reagiert man mit Unverständnis: Nach monatelangen intensiven Gesprächen mit zahlreichen Zugeständnissen seitens des DB Cargo-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Wilder bin ich über die kompromisslose Ablehnung der Arbeitnehmerseite bestürzt“, sagt Berthold Huber, Vorstand Verkehr und Transport der Deutschen Bahn. „Es geht um nicht weniger als die Sicherung der Überlebensfähigkeit von DB Cargo und der damit verbundenen Arbeitsplätze. Deswegen halte ich es für dringend notwendig, sich dieser Verantwortung zu stellen.“
„Leider musste der Gesamtbetriebsrat feststellen, dass der Arbeitgeber in den Verhandlungen, Spitzengesprächen und auch in der Einigungsstelle nicht in der Lage war, korrekte Daten und Zahlen vorzulegen“, kritisiert der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Jörg Hensel. So sei immer noch nicht klar, wie die Zukunft der Belegschaft aussehen soll.
Auch Fragen, wie trotz massiven Personalabbaus die Produktion oder der Vertrieb stabil bleiben könne, habe der Vorstand bis heute nicht serio?s beantwortet. „Schon heute sind viele Dienstschichten unbesetzt, weil das Personal fehlt. Schon heute gibt es zahlreiche unbesetzte Arbeitspla?tze. Doch der Arbeitgeber geht dieses Problem nicht an. Im Gegenteil, alle diese Schwierigkeiten werden vom Arbeitgeber noch weiter deutlich verscha?rft“, kritisiert Hensel.
Dem widerspricht man im Bahntower immens: „Die Behauptungen der Arbeitnehmervertreter zu unseren Angeboten sind falsch. Solch ein Verhalten richtet sich gegen die berechtigten Interessen der Beschäftigten“, sagt Ulrich Weber, Vorstand Personal der DB. „Bis zuletzt haben wir im Rahmen der Einigungsstellen-Gespräche mit weiteren Zugeständnissen die Hand zu einer tragfähigen Lösung gereicht. Ich bin tief enttäuscht und verärgert, dass diese Chance zum Neubeginn bei DB Cargo so vertan wurde.“
Im Rahmen des Programms Zukunft Bahn verfolge die DB AG das klare Ziel, DB Cargo aus der derzeitigen Krisensituation zu retten. Den Kern der Umstrukturierungsmaßnahmen bildet die Prozessoptimierung in der Produktion und im Vertrieb. Damit will DB Cargo eine deutliche Qualitätssteigerung und wettbewerbsfähigere Kosten erreichen. Im Jahr 2018 soll so der wirtschaftliche Turnaround vollzogen und ein Wachstum von ein Prozent über Marktniveau realisiert werden.
„Nach elf Monaten Verhandlungen, zuletzt unter Vorsitz eines neutralen Einigungsstellen-Vorsitzenden, haben wir viele Kompromisse gemacht, um zu einem einvernehmlichen Ergebnis zum Wohle des Unternehmens zu kommen“, so Huber. Beispielsweise sei DB Cargo auf die Wünsche des Betriebsrates eingegangen, wie Wahlbetriebe, Produktionskorridore und Standorte des Unternehmens künftig zugeschnitten werden sollen. Außerdem wurden Zusagen zur sozialen Abfederung der Mitarbeiter bei Arbeitsplatzwechsel und Umzügen gemacht, die die Arbeitnehmervertreter jedoch ablehnten.
Huber: „Ich kann die Entscheidung des Gesamtbetriebsrates nicht nachvollziehen. Faire Kompromiss-Lösungen unter Einbeziehung Dritter wurden kategorisch zurückgewiesen. Angesichts unserer schwierigen Unternehmenslage dürfen wir keine weitere Zeit verlieren. Das sind wir unseren Mitarbeitern und Kunden schuldig.“ Doch bei der EVG warnt man vor „unumkehrbaren Entscheidungen“. Diese dürfen in der jetzigen Situation nicht getroffen werden. Im Gegenteil: Das Unternehmen müsse insgesamt deutlich breiter aufgestellt werden. Eine kurzfristige Einigung zwischen Arbeitgebern und Belegschaft ist daher nicht in Sicht.
Siehe auch: Vom wachsenden Marktvolumen profitieren