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Bundesrat verabschiedet SPFV-Gesetz

16.02.17 (Fernverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche ist im Bundesrat ein SPFV-Gesetz verabschiedet worden. Es ist schon das zweite dieser Art. Bereits im Jahr 2008 hat die Länderkammer – damals den Börsengang der DB AG vor Augen – ein Fernverkehrssicherungsgesetz verabschiedet, das jedoch nie im Bundestag diskutiert wurde. Damals hätte noch jedes deutsche Oberzentrum mit Gleisanschluss einen Rechtsanspruch auf sechs SPFV-Zugpaare pro Tag gehabt, der neue Gesetzesentwurf ist wesentlich unkonkreter.

Er soll den Bund verpflichten, einen Fernverkehrsplan aufzustellen, in den nach Möglichkeit alle Oberzentren einbezogen werden. Der Gesetzesentwurf wurde gemeinsam eingebracht von den Ländern Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland sowie dem Freistaat Thüringen, die allesamt in den letzten Jahren von erheblichen Verschlechterungen ihrer SPFV-Anschlüsse betroffen waren. So hatte Thüringen vor zehn Jahren noch sechs Fernverkehrshalte und nach der Eröffnung der Neubaustrecke VDE 8 wird es trotz der zentralen Lage in Mitteldeutschland nur noch einer sein.

Rheinland-Pfalz hat vor einigen Jahren den Fernverkehr auf der Moselstrecke verloren, nachdem DB Fernverkehr zuvor angeboten hat, gegen ein Entgelt durch den Aufgabenträger auch weiterhin durchgehende Fernverkehrsleistungen von Trier bis an die Nordsee anzubieten. Bereits seit einigen Jahren sind derartige Modelle bekannt: Fernverkehrsleistungen, denen die Streichung droht, werden durch Ausgleichszahlungen des Aufgabenträgers erhalten, zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass die Züge auch mit Nahverkehrsfahrscheinen genutzt werden können.

Allerdings: In Nordrhein-Westfalen wurde ein solches Modell jüngst erstmals beklagt und die Vergabekammer Münster hat Planungen dieser Art einen Riegel vorgeschoben. Unabhängig von der Frage, wer für die Bestellung von Eisenbahnleistungen verantwortlich ist, unterliegt die Beauftragung in jedem Fall dem Vergaberecht. Nicht nur Unternehmen des DB-Konzerns, auch andere Eisenbahnverkehrsunternehmen sind in der Lage sehr langlaufende Fernverkehrfahrten anzubieten.

Doch für die Bestellung von Personenzügen, die nicht den Regionalverkehr betreffen, ist nach geltendem Recht eigentlich der Bund zuständig. Artikel 87e sieht vor, dass ein Bundesgesetz erlassen wird, das die genaue Organisation regeln soll. Ein solches Gesetz gibt es aber nicht und nun versuchen die Länder zum zweiten mal, im Bundesrat die Einführung eines solchen durchzusetzen.

Denn in der Tat haben die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD in ihrem im Herbst auslaufenden Koalitionsvertrag vereinbart, sich für die Einführung eines flächendeckenden Deutschlandtaktes einzusetzen. Dazu gehört auch, dass der Fernverkehr flächendeckend unterwegs ist und nicht nur auf einigen wenigen Hauptachsen. Die Länder berufen sich dabei auf die negative Entwicklung der letzten gut zwanzig Jahre.

Das Netz des deutschen Fernverkehrs ist demnach um etwa 3.700 Kilometer geschrumpft, die Zahl der Stationen hat sich um 220 reduziert. Insgesamt haben 5,5 Millionen Menschen an ihrem Wohnort die Anbindung an den Fernverkehr verloren, sie leben in 21 Oberzentren, darunter acht Großstädten. In 122 weiteren deutschen Städten hat sich die Zahl der pro Jahr haltenden Fernverkehrszüge mindestens halbiert.

In den Augen der Länder ist es also höchste Zeit, gegenzusteuern und mit politischen Mitteln sicherzustellen, dass den Verkehrsbedürfnissen auf der Schiene Rechnung getragen wird. Das soll unabhängig von der Frage passieren, ob DB Fernverkehr dort bereit ist, eigenwirtschaftlich zu fahren oder ob man die Leistungen ausschreiben und bestellen muss. In der Begründung der Gesetzesvorlage beruft sich der Bundesrat explizit auf das „alte“ Fernverkehrssicherungsgesetz und will daran anknüpfen.

Gleichzeitig befürchtet man, dass die Länder bei einem weiteren SPFV-Rückzug so stark unter Druck geraten, dass sie womöglich Eisenbahnleistungen als Ersatz bestellen, obwohl sie mit ihren Regionalisierungsgeldern eigentlich die Flächenerschließung auf der Schiene und gerade keinen überregionalen Verkehr finanzieren sollen.

Dabei ist das Ziel des Gesetzesentwurfes ausdrücklich auch, eine angemessene Fernverkehrsversorgung abseits der Hauptmagistralen sicherzustellen. Eine alternative Regelung sehen die Länder nicht und berufen sich dabei ausdrücklich auf Artikel 87e des Grundgesetzes. Nach dem gescheiterten alten Entwurf will man nun erneut die Pflichten des Bundes in Gesetzesform gießen.

Siehe auch: Die Länder müssen den Konflikt suchen

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