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Dobrindt plant Digitaloffensive

12.01.17 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenige Monate vor dem Ende der aktuellen Legislaturperiode hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) neue Planungen zur flächendeckenden Einführung digitaler Fahrscheine vorgestellt. Elektronische Chipkarten und Handytickets sollen demnach bereits in zwei Jahren die Papierfahrscheine für öffentliche Verkehrsmittel bundesweit ablösen. Ob nun mit einer elektronischen Chipkarte oder einer Smartphone-App, aber klassischer Fahrscheinvertrieb soll dann der Vergangenheit angehören.

Ziel ist es, den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmittel deutlich zu vereinfachen und zu standardisieren. „Wir brauchen deutschlandweite Mobilitätsplattformen, die überregional Fahrgastinformationen verknüpfen und die Buchung von eTickets ermöglichen“, so Dobrindt. „Wir müssen die Digitalisierung und die Vernetzung in diesem Bereich voranbringen.“ Sein Haus wird im laufenden und nächsten Jahr insgesamt zwölf Projekte mit kumuliert 16 Millionen Euro fördern.

In den mittelfristigen Planungen, die über 2018 hinausgehen, ist sogar die Rede davon, dass mittels solcher Apps auch die Parkgebühren in Parkhäusern bezahlt werden können oder dass man Carsharing-Angebote in Anspruch nimmt. Doch zunächst einmal soll im wesentlichen ein Prinzip von Check In und Check Out vorbereitet werden: Der Fahrgast loggt sich ein, wenn er den Bus betrifft und loggt sich beim Aussteigen wieder ein.

Der Computer berechnet dann den jeweiligen Bestpreis: Muss man ein Einzelticket bezahlen? Ein Mehrfachticket oder ist ein Monatsticket gleich das beste? Im Moment jedenfalls ist es völlig unmöglich, dass jemand, der etwa ein VRR-Ticket aus Nordrhein-Westfalen besitzt, darüber auch im VBB in Berlin oder im MVV in München fahren kann. „Zur Zeit existiert auf diesem Gebiet eine wilde Vielfalt von Apps und eTickets“ sagt Jörg Bruchertseifer von Pro Bahn.

„Gefühlt gibt es bisher für jede Stadt eine oder mehrere Apps, so dass man auf dem eigenen Smartphone schnell den Überblick verlieren kann. Außerdem erfordert jede dieser Apps eine separate Anmeldung zur Abrechnung. Damit sind wir noch weit von einer kundenfreundlichen und flexiblen Nutzbarkeit digitaler Tickets entfernt.“ Und das, so heißt es bei Pro Bahn, obwohl der VDV bereits vor Jahren seine Kerapplikation auf den Markt gebracht habe, die in der Lage sei, die Voraussetzungen für eine solche bundesweite Nutzung zu schaffen.

Darüber hinaus gibt man aber gerade im Bereich Handyvertrieb noch etwas anderes zu bedenken: Es gibt Menschen ohne Smartphone oder auch solche mit relativ selten vorkommenden Betriebssystemen, wie etwa Windows Phone. Vor diesem Hintergrund dürfe das reine Handyticket den konventionellen Vertrieb nicht vollständig ersetzen. „Daher sind elektronische Tarife sinnvollerweise so zu gestalten, dass sie auch gegen Barzahlung beim Personal oder am Automaten erworben werden können“, so der Pro-Bahn-Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann. Für den Bundesverkehrsminister bleibe daher noch einiges zu tun.

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