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Die Verhältnismäßigkeit bewahren

23.01.17 (Kommentar, Schweiz) Autor:Stefan Hennigfeld

Hier in Nordrhein-Westfalen gibt es in der Stadt Solingen auch einen Oberleitungsbusbetrieb. Die traditionellen Linienläufe sind natürlich nicht immer zeitgemäß und doch ist es unwirtschaftlich, zusätzliche Oberleitungen aufzuhängen. Also fährt man mit Dieselmotoren auf einigen Außenästen, etwa im Stadtteil Unterburg oder rund um die Endstation der Wuppertaler Schwebebahn in Vohwinkel.

Obwohl der VRR schon vor Jahren als Modellregion Elektromobilität in Erscheinung trat, war es ganz selbstverständlich, dass solche Abschnitte eben nicht mit Batterien, sondern mit konventionellen Dieselmotoren gefahren werden. Da fragt man sich: Warum ist das so? Augenscheinlich ist selbst innerhalb vorhandener Oberleitungsbusnetze der Einsatz von Hilfsmotoren mit Batterieantrieb im Vergleich zu konventioneller Dieseltechnik wirtschaftlich nicht darstellbar.

Und so sinnvoll jede Form von Elektromobilität sein mag – ob in Zürich, in Osteuropa, in Solingen oder wo auch immer – so sehr muss man auch nach der langfristigen wirtschaftlichen Darstellbarkeit fragen. Auch in Zürich braucht man ja für Batterien offensichtlich Fördergelder durch die öffentliche Hand, weil es sonst zu teuer würde. Hier muss man sich also die Frage stellen: Wann wird denn die Marktfähigkeit erreicht?

Ob nun Hybridbusse, Hilfsantriebe bei Oberleitungsbussen, reine Batteriebusse, Schnell- und Langsamladegeräte und weiß der Kuckuck was noch alles. Wann ist man soweit, dass man seriös sagen kann: Diese Technologie ist wirtschaftlicher als konventionelle Dieselbusse und kann daher ohne zusätzliche Fördergelder angeschafft, genutzt und eingesetzt werden? Die Vermutung, dass das wahrscheinlich nie der Fall sein wird, liegt nahe.

Gerade auch deshalb, weil im Bereich konventioneller Dieselbusse eine rasende Entwicklung stattfindet. Im vergangen Jahr haben die Kölner Verkehrsbetriebe im Rahmen einer Neuanschaffung normaler Linienbusse einige Zahlen genannt: So hat ein 2016 gelieferter Dieselbus rund sieben Prozent weniger Kraftstoffverbrauch als ein Fahrzeug mit Baujahr 2013.

Jetzt kann man sich also denken, welche Ergebnisse man findet, wenn man die Baujahre 2017, 2007, 1997 und 1987 vergleicht und stellt fest: Viele Energiesparziele können bei alternativen Antrieben zwar mit viel Geld erkauft werden, im Dieselbereich sind sie aber aufgrund des hohen Marktvolumens und des Wettbewerbs zwischen den Herstellern gang und gäbe. Und da muss man sich fragen, ob das Geld, das man für alternative Antriebe im urbanen Bereich nicht lieber z.B. für ein Elektrifizierungsprogramm bei der Eisenbahn nutzt.

Oder ob man das Geld aufwendet, um sicherzustellen, dass selbst bei kleinen und wirtschaftlich nicht so gut aufgestellten Verkehrsunternehmen stets neue Busse fahren und alte Schätzchen nicht mehr täglich im Berufsverkehr unterwegs sind. Es wäre also eine ernsthafte Überlegung wert, zumindest einen Teil der Förderung für alle möglichen Formen von Elektromobilität in andere Bereiche umzuleiten. Eine vollständige Umstellung auf elektrische Traktion wird es aus ökonomischen Gründen wahrscheinlich sowieso niemals geben.

Siehe auch: VBZ: SwissTrolley Plus geht an den Start

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