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Fernverkehr politisch organisieren

05.12.16 (Fernverkehr, Kommentar, Saarland, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist ungefähr zehn Jahre her, da war der Börsenwahn unter Hartmut Mehdorn auf dem Höhepunkt. Die Deutsche Bahn sollte in ihrem damaligen Ist-Zustand privatisiert werden. Das Netz sollte natürlich dazu gehören, auch wenn die Aufwendungen dafür der Staat tragen sollte. Das könne man Aktionären ja nicht zumuten. Der Cronykapitalismus (staatliche Günstlingswirtschaft) der Nullerjahre war im Eisenbahnwesen auf ihrem Höhepunkt. Aber erst wenige Jahre zuvor war der InterRegio abgeschafft worden und der InterCity war nur noch ein Flickwerk.

Die Verkehrsplanung bestand im wesentlichen daraus, dass DB Fernverkehr jedes Jahr mitteilte, welche Verbindungen und Fahrten im Dezember eingestellt würden. Anfang 2008 beschlossen die Länder dann im Bundesrat – den für Oktober 2008 geplanten Börsengang vor Augen – das leider nie im Bundestag debattierte Fernverkehrssicherungsgesetz. Es sah vor, dass die Zahl der SPFV-Zugkilometer des Jahres 2007 nie mehr unterschritten werden dürfe und jedes Oberzentrum mit Bahnhof einen Rechtsanspruch auf sechs Zugpaare pro Tag hätte.

Natürlich hätte dieser Rechtsanspruch nicht der DB Fernverkehr AG gegenüber gegolten, die gerade kein Bundesunternehmen mehr gewesen wäre, sondern dem Bund selbst. Dieser hätte die Zugleistungen bestellen müssen. Aus dem Gesetz ist nichts geworden, aus dem Börsengang auch nicht. Artikel 87e des Grundgesetzes existiert aber noch immer. Er besagt, dass der Bund für den Personenverkehr auf der Schiene, so er nicht zum Nahverkehr gehört, verantwortlich ist. Alles weitere und nähere regelt ein Bundesgesetz.

Am Ende des 23. Jahres der Eisenbahnreform, also fast ein Vierteljahrhundert später, ist ein solches Gesetz nicht vorhanden. Ob die Verantwortlichen im Saarland sich an das alte Fernverkehrssicherungsgesetz erinnern können, weiß man natürlich nicht. Vielleicht versucht man hier, dem Bund ganz bewusst entgegen zu kommen, indem die dort genannten Forderungen wesentlich geringer ausfallen. Aber wenn der Bund seine grundgesetzlich verbriefte Pflicht so lange vernachlässigt hat, dürfte man mit noch mehr Entgegenkommen wohl kaum was erreichen.

Statt dessen sollte der eine oder andere Ministerpräsident den Bund vielleicht mal über das Bundesverfassungsgericht an seine Pflichte erinnern. Nur wenn die Länder dann wirklich anfangen sollten, im größeren Stil Fernverkehrsleistungen der DB Fernverkehr mitzufinanzieren – und einige Aufgabenträger scheinen das auf unbelehrbare Art und Weise immer wieder zu wollen – dann konterkariert man ja sein eigenes Ziel.

Im Gegenteil: Eine gute Zusammenarbeit zwischen einem zu gründenden Bundesaufgabenträger und denen auf Landesebene könnte ein verlässliches Verkehrsnetz für den Deutschlandtakt auf der Schiene bilden. Verkehrsverträge sorgen für Sicherheit und der Erfolg des Bestellerprinzips aus dem Regionalverkehr würde sich auf den Fernverkehr ausweiten. Aber um das zu erreichen, ist eine Bundesratsinitative nicht genug. Hier müssen die Länder politische und juristische Mittel auffahren, um der Verweigerungshaltung des Bundes ein Ende zu bereiten.

Siehe auch: Saarland will Fernverkehr absichern

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