Offene Märkte sichern Qualität und Leistung
21.11.16 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Es gab eine Zeit, da war der Satz „Privat vor Staat“ allgegenwärtig. Heute nicht mehr, inzwischen hat die Staatsgläubigkeit wieder zugenommen. Dabei kann man solche Überlegungen auf den kommunalen öffentlichen Verkehr eigentlich gar nicht anwenden. Denn Privat vor Staat heißt im Zweifel auch, dass Stadtwerke aus den Monopolgewinnen, etwa bei der Wasserversorgung, der Abwasseraufbereitung oder der Müllabfuhr, ihren formal eigenwirtschaftlichen ÖPNV finanzieren.
Das nennt man „Steuersparmodell Stadtwerke“ und hat zumindest in der Vergangenheit dazu geführt, dass in der geschützten Käseglocke alle glücklich waren. Außer in Gera, da sind einige unter ebenjener Käseglocke erstickt, aber das politisch Ziel des dortigen Stadtwerke-Insolvenzverfahrens ist der Erhalt des maroden Unternehmens um jeden Preis. Dass die Finanzierung aus diesen Querverbundmitteln ordnungspolitisch fragwürdig ist, gesteht spätestens auf Nachfrage so gut wie jeder irgendwann ein.
Aber wenn man es doch pragmatisch betrachtet, dann stellt man fest, dass es andere Finanzierungsquellen für den Bus- und oft auch Tramverkehr in vielen Fällen nicht gibt – in desolaten Kommunen, die seit Jahrzehnten Nothaushalte aufstellen müssen, sowieso nicht. Um so grotesker wird es, wenn auf einmal vor eigenwirtschaftlichen Anträgen gewarnt wird: Wenn also nicht mehr „unsere Stadtwerke“ diejenigen sind, die den ÖPNV natürlich immer wirtschaftlich und gemeinnützig fahren, sondern andere Akteure; in vielen Fällen seit neuestem die Deutsche Bahn.
Dass ausgerechnet das Unternehmen, das in der Vergangenheit immer wieder von protektionistischer Eisenbahnpolitik profitiert hat, nun in die Kommunen geht, ist ganz sicher ein Treppenwitz der Geschichte, aber es tut dem Stadtbusverkehr gut. In Hildesheim zum Beispiel hat man gesehen, dass das Unternehmen SVHi bereits durch einen Antrag von DB Regio Bus in der Lage war, sich zu sanieren und ebenfalls einen eigenwirtschaftlichen Antrag zu stellen. Bereits die Drohung, sich wettbewerblich aufstellen zu müssen, sorgt also bereits für Verbesserung.
Wenn man all die Erfolge als Benchmark nimmt, die in den vergangenen zwanzig Jahren auf der Schiene erzielt worden sind, dann kann man sich ungefähr ausmalen, welche Verbesserungen möglich werden, wenn die EVAGs, Rheinbahnen, Hochbahnen, BVGs und mehrere hundert andere große und kleine Kommunalmonopolisten plötzlich am Markt bestehen müssen. Natürlich jammern die Gewerkschaften wegen vermeintlicher Verschlechterungen für die Arbeitnehmer rum. Aber die hat es in den letzten Jahrzehnten ohnehin überall gegeben, auch in geschlossenen Märkten.
Viele ach so gemeinnützige Busunternehmen haben sich auf Kosten ihrer Belegschaft saniert, mit Unterstützung von Betriebsräten und Gewerkschaften. Hier also einen Wirkungszusammenhang zu konstruieren ist viel zu weit hergeholt, als dass es realistisch sein könnte. Nein, hier sollen Pfründe nicht marktfähiger Staatsunternehmen gesichert werden. Aber es ist richtig und wichtig, künftig auch den kommunalen ÖPNV marktwirtschaftlich zu organisieren.
Siehe auch: Ver.Di warnt vor Marktöffnung