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NRW startet Kampagne für Zivilcourage

14.11.16 (Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld

Oft kommen Menschen, die anderen in einer Notlage oder während eines Angriffe helfen wollen, selbst in Gefahr. Viele sehen auch bewusst weg, wenn es Schlägereien und Ärger gibt, in vielen Fällen, weil sie sich selbst raushalten wollen. Dem will die nordrhein-westfälische ÖV-Branche mit einer neuen Kampagne nun etwas entgegensetzen: Du hast immer eine Wahl heißt es, denn statt wegzugucken, kann man mit dem Handy die 110 anrufen und die Polizei informieren.

Das gilt zumindest grundsätzlich, von konkreten Problemen, wie man sie z.B. zur Kölner Silvesternacht gehört hat, gehen die Macher der Aktion dabei nicht aus, sondern rufen dazu auf, lieber einmal zu viel als einmal zu wenig die Ordnungshüter zu alarmieren. Obwohl die Bahnhöfe und Fahrzeuge nach Einschätzung der Branchenakteure grundsätzlich sicher seien, gibt es immer mal wieder Situationen, in denen sich Fahrgäste – und vor allem Frauen – unwohl fühlen.

Und auch das Verhalten anderer Fahrgäste kann Ursache dieses unguten Gefühls sein. Man denke etwa an Pöbeleien, denen vermehrt das Fahr- und Servicepersonal ausgesetzt ist. Die Akteure des nordrhein-westfälischen Nahverkehrs nehmen diese Sorgen sehr ernst. Neben dem verstärkten Einsatz von Personal und Videokameras möchten sie mit der Kampagne aufklären und die Fahrgäste dazu ermutigen, sich nicht verunsichern zu lassen.

„Wir wollen die Menschen direkt ansprechen“, erklärt Birgit Strecker, stellvertretende Leiterin des KCM NRW. „Busse und Bahnen sollen sichere Räume sein, in denen sich jeder wohlfühlt. Respektloses Verhalten, das die Sicherheit anderer Fahrgäste gefährdet, verdient keine Toleranz. Dazu kann jeder seinen Beitrag leisten.“ Die Sicherheit in Bussen und Bahnen beschäftigt die Akteure des Nahverkehrs in Nordrhein-Westfalen nicht erst seit den Vorgängen in der vergangenen Silvesternacht.

Mit einer Aufklärungskampagne wenden sie sich in den kommenden Wochen direkt an die Fahrgäste, aber auch an das Fahr- und Servicepersonal. Im Fokus stehen der Aufruf zu mehr Zivilcourage im Sinne eines aufmerksamen Miteinanders, aber auch ganz konkrete Tipps für angemessene Verhaltensweisen in brenzligen Situationen. Der Startschuss fiel am vergangenen Dienstag in Essen. Wie das ganz konkret geht, wird bereits zum Kampagnenstart in der letzten Woche deutlich.

Am Essener Hauptbahnhof erfahren Interessierte an einem Informationsstand – den sechs Säulen der Sicherheit – wie sie sich in kritischen Situationen richtig verhalten. Partner der jetzt gestarteten Aktion sind neben der Gemeinschaftskampagne „Busse und Bahnen NRW“ die Polizei NRW sowie die muTiger-Stiftung. Essen ist nur der Auftakt. Die Säulen stehen oder standen außerdem in Oberhausen, Bielefeld, Duisburg und Köln.

Mit der landesweiten „Woche des Respekts“ vom 14. bis 18. November steht dann im ÖPNV das Fahr- und Servicepersonal im Fokus. Jeden Tag machen die Angestellten der Verkehrsunternehmen einen anspruchsvollen Job mit täglich neuen Herausforderungen. Viele Fahrgäste honorieren das. Aber leider kommt es auch zunehmend zu Pöbeleien und Beschimpfungen bis hin zu Angriffen.

NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) wird am 18. November Zugpersonal begleiten und am Duisburger Hauptbahnhof mit Fahr- und Servicepersonal, Sicherheitsbeauftragten und Fahrgästen diskutieren. „Das Servicepersonal im ÖPNV wird immer öfter beschimpft und angepöbelt, manchmal sogar tätlich angegriffen. Diese Aggression gegenüber Menschen, die einem eigentlich helfen wollen, können wir nicht dulden“, so Groschek. „Während der Woche des Respekts mache ich mir vom Arbeitsalltag der Zugbegleiter, Kontrolleure und des Servicepersonals selbst ein Bild. Und ich appelliere an alle Fahrgäste: Mehr Respekt bitte.“

Unabhängig von dieser Kampagne sind Planungen für verbesserte Sicherheit noch immer in der Pipeline. So plante das Kompetenzcenter Sicherheit, das beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr angesiedelt ist, den Einsatz rollierender Sicherheitsteams, die EVU-übergreifend unterwegs sind. Auch Debatten über eine bessere und engere Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Polizeien und den Verkehrsunternehmen unter Einbeziehung der Ordnungsämter werden immer wieder geführt, sind aber noch nicht konkret. Nur eins gibt es nicht: Einen SMS-Notruf, wie er in Großbritannien bereits Realität ist. Damit kann man die Sicherheitskräfte alarmieren ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Das allerdings wäre Sache der Polizeien und nicht der ÖV-Branche.

Siehe auch: Gut gemeint, aber …

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