Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Minister sagt Nein!

07.11.16 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

DB Regio ist als Marktspieler jederzeit herzlich Willkommen und wird dauerhaft ein relevanter und wichtiger Akteur in der nordrhein-westfälischen SPNV-Branche sein. Natürlich wird der Marktanteil nie wieder auf ein Niveau steigen, das man in den ersten Jahren der Eisenbahnreform hatte, aber das kann in einer marktwirtschaftlichen Struktur auch nicht das Ziel sein. Mal gewinnen die einen, mal die anderen.

DB Regio betreibt die Linien S5 / S8, das Rhein-Haard-Netz und das Dortmund-Sauerland-Netz, während National Express im Rhein-Münsterland-Netz fährt, Abellio am Niederrhein und Keolis im Elektronetz Maas-Rhein-Lippe. Die Nordwestbahn fährt Dieselleistungen zwischen Ruhrgebiet und Münsterland und in ein paar Jahren kann das alles komplett neu durchmischt sein. Aktuell steht das Ruhr-Sieg-Netz zur Ausschreibung an, vielleicht gewinnt Abellio es erneut, vielleicht auch DB Regio.

Das ist alles möglich und wenn man unterstellt, dass marktwirtschaftliche Strukturen der Normalfall sind und die alte westdeutsche Behördenbahn es nicht war, dann geht das auch nicht anders. Eine hohe Betreibervielfalt sichert wirtschaftliche Vergaben und stellt Qualität und Leistung langfristig sicher. Wenn dann aber der NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) ebenso offen wie dreist sagt, dass DB Regio bei künftigen Vergaben seiner Ansicht nach mal wieder stärker protegiert werden sollte, dann ist die Gefahr groß, andere Akteure zu vertreiben und dass es politische Rückfälle in die Zeiten heute unvorstellbarer Schlechtleistungen gibt.

Auch die immer wieder zu hörende Behauptung, DB Regio sei im Marktgeschehen strukturell benachteiligt, weil DB Netz Aufwendungen mit der Infrastruktur habe, ist ein Indiz darauf, dass hier die Meinung eines Ministers mit sachlichen Überlegungen nichts zu tun haben dürfte. Nun weiß im Moment niemand, welche Farbenlehre nächstes Jahr in der Düsseldorfer Staatskanzlei das Sagen hat und ob Herr Groschek nicht dann schon der politischen Vergangenheit angehört.

Das zeigt aber auch, wie sehr sich die bestehenden Aufgabenträgerstrukturen bewährt haben: Nach dem Prinzip „Minister kommen und gehen, die Ministerialbürokratie bleibt“ arbeiten bei allen drei Aufgabenträgern Leute, die langfristig planen und gemeinsam mit den Entscheidungsträgern in Kreisen und Städten auf sachlicher Ebene ihre Arbeit erledigen. Auch wenn man angeblich keinen landesweiten Aufgabenträger will, so ist doch erkennbar, dass hier nach einem Durchgriffsrecht gestrebt wird. Aufgabenträger erarbeiten etwas mit viel Aufwand und ein oft sachunkundiger Minister sitzt dann im Sessel und senkt in bester Little-Britain-Manier den Daumen: „Minister sagt Nein!“

All die erfolgreichen Vergaben, die in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren bundesweiten Modellcharakter hatten, liefen ohne große politische Einflussnahme. Der SPNV ist und war nie Wahlkampfthema und die auch im Vergleich zu den bestellten Zug- und Platzkilometer überproportional gestiegenen Fahrgastzahlen belegen das. Bewährtes erhalten sagt man. Wenn das konservativ ist; in Ordnung. Auch für die Schiene gilt: Never change a running system.

Siehe auch: Debatte um Zuständigkeit des Landes

Kommentare sind geschlossen.