Infrastrukturgipfel in Berlin
17.11.16 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat gemeinsam mit dem Verband der Deutschen Bauindustrie sowie der Springer-Zeitung Die Welt zum Infrastrukturgipfel in Berlin eingeladen. Wie können die vorhandenen Mittel für die Modernisierung und den Ausbau der Infrastruktur möglichst schnell und effizient eingesetzt werden und welche Weichen müssen wir für die Finanzierung eines nachhaltigen, klimafreundlichen Verkehrs stellen?
In zwei Themenforen diskutierten unter anderem Florian Pronold (SPD), Staatssekretär im Bundesumweltministerium und Enak Ferlemann (CDU), Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur mit namhaften Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik über die dringend benötigten Lösungen für die Infrastruktur von heute und Konzepte für eine zukunftsfähige Mobilität in den Städten.
„Über den Sanierungsbedarf bei der Verkehrsinfrastruktur ist lange und intensiv diskutiert worden. Und zumindest für die Bundesverkehrswege hat sich auch einiges zum Positiven verändert. Doch in den Städten und Gemeinden, wo ein Großteil des Verkehrs stattfindet, fehlt es nach wie vor an Mitteln, um die Verkehrsprobleme vor Ort zu lösen“, bringt Jürgen Fenske, Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, die Notwendigkeit von Investitionen in die Verkehrswege auf den Punkt.
Nach einer jahrzehntelangen Unterfinanzierung stehen mittlerweile für die bundeseigenen Verkehrsnetze deutlich mehr Mittel für den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur zur Verfügung. Allein über den neuen Bundesverkehrswegeplan wird der Bund bis 2030 mehr als 260 Milliarden Euro in über tausend Projekte investieren. Um den Investitionsstau möglichst schnell und effizient beheben zu können, muss die Umsetzung dringend beschleunigt werden.
„Durch den vom Bundesverkehrsminister Dobrindt eingeleiteten Investitionshochlauf kann erstmals auf Bundesebene über einen längeren Zeitraum eine Verstetigung der Verkehrswegeinvestitionen sichergestellt werden“, so Peter Hübner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, „um die Mittel schnell dort einzusetzen, wo sie benötigt werden, müssen Bau und Planung künftig aber enger miteinander verzahnt und die Genehmigungsverfahren gestrafft werden. Aktuell gibt es zu wenig baureife Projekte und zu viele Reibungsverluste zwischen Bund und Ländern in der Auftragsverwaltung.“
Besonders großer Handlungsbedarf besteht in den kommenden Jahren in den Städten und Gemeinden. Laut einer aktuellen Untersuchung der KfW-Bank beläuft sich der Investitionsstau in Deutschlands Kommunen inzwischen auf 136 Milliarden Euro, allein 36 Milliarden davon entfallen auf den Verkehrsbereich. Um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden und innerstädtischen Verkehr klimafreundlich zu gestalten, braucht es eine verlässliche Finanzierung, neue Konzepte und eine bessere Verzahnung der Mobilitätsangebote.
Dabei ging es auch um die Frage künftiger Finanzierungsinstrumente für kommunale Verkehrsprojekte. Im Rahmen der Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen haben sich Bund und Länder im Oktober darauf geeinigt, dass es die Entflechtungsmittel nach 2019 in ihrer heutigen Form nicht mehr geben wird. Die jährlich vom Bund an die Länder gezahlten rund 1,3 Milliarden Euro haben jahrzehntelang erfolgreich Um- und Ausbaumaßnahmen im kommunalen Verkehr finanziert.
Künftig erhalten die Länder statt der Entflechtungsmittel nur noch allgemeine, nicht zweckgebundene Zahlungen aus dem Umsatzsteueraufkommen. Für VDV-Präsident Fenske ist ein Wegfall des bewährten Finanzierungsinstruments der falsche Weg: „Gerade der kommunale Nahverkehr benötigt angesichts des immensen Sanierungsstaus dringend die Planungssicherheit zweckgebundener Investitionen. Und auch die laut Gesetz bis 2022 herzustellende Barrierefreiheit im ÖPNV ist ohne ausreichende Mittel nicht zu schaffen.
Durch die verbesserte finanzielle Situation der Länder im Rahmen der beschlossenen Neuordnung sind entsprechende Spielräume für zweckgebundene Investitionen in den kommunalen Verkehr eindeutig vorhanden.“ Wenn Gelder ihre Zweckbindung verlieren, drohen sie regelmäßig irgendwo im Haushalt zu versickern. Das ist etwa bei den Regionalisierungsgeldern passiert, die 2007 gesenkt worden sind. Nicht zweckgebundene Ausgleichszahlungen gehen in der Regel in den Landeshaushalten nicht mehr in den Verkehrsträger Schiene.
Siehe auch: Mehr Verkehr und mehr Infrastruktur