Einklagbare Rechte schaffen
17.10.16 (Kommentar, Stuttgart) Autor:Stefan Hennigfeld
Wenn Aufgabenträger, Verkehrsunternehmen und DB Netz eine besondere Kooperation starten, ist da ja zunächst nichts schlechtes dran, auch nicht jetzt in Stuttgart. Es entbehrt aber dennoch nicht einer gewissen Komik, wenn angekündigt wird, dass künftig verstärkt Weichen und Trassen instandgehalten werden sollen und man außerdem über Modernisierungsmaßnahmen nachdenkt, die die Infrastruktur insgesamt leistungsfähiger machen sollen. Bislang habe ich immer gedacht, dass genau dies ohnehin das Kerngeschäft von DB Netz ist. Oder etwa nicht?
Das Problem ist, dass der Aufgabenträger zwar seine Verkehrsunternehmen sehr gut steuern kann, aber bei den Infrastrukturbetreibern nach wie vor auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist. Das gilt im übrigen nicht nur für die Aufgabenträger selbst, sondern auch für die Verkehrsunternehmen, die an den wirtschaftlichen Folgen von Problemen im Bereich Infrastruktur ebenso zu leiden haben. Jetzt ist es ja schön und gut, dass die Herrschaften von DB Netz mit sich reden lassen und bereit sind, sich Mühe zu geben, dass die Schieneninfrastruktur in hoher Qualität vorgehalten wird.
Das Problem ist: Wo bleibt der Anspruch des Aufgabenträgers? Und was kann ein Verkehrsunternehmen tun, wenn Probleme über längere Zeiten nicht gelöst werden? Dass Langsamfahrstellen verschwinden, indem die reduzierte Geschwindigkeit zur Regelgeschwindigkeit definiert wird, ist ja nichts neues. Oder wenn Bahnübergänge immer wieder kaputt sind und dadurch zu schwerwiegenden Verspätungsherden werden: Ein Zug steht vor einem kaputten Bahnübergang, erreicht den Knoten Stuttgart zu spät, sorgt dort für Chaos, die Probleme strahlen dadurch bis weit in die Region hinein und kommen einige Stunden später wie ein Bumerang zurück. Und da muss man eben sagen, dass gutes Zureden nicht immer reicht.
Es braucht verbindliche Rechtsansprüche auch für die Aufgabenträger, die Langsamfahrstellen, kaputte Weichen, Bahnübergänge oder was auch immer genauso pönalisieren können müssten wie es bei verschmutzen Zügen, defekten Toiletten, Kotzhaufen auf den Sitzen oder was auch immer der Fall ist. Das gilt nicht nur die Gleise, es muss auch für Bahnhöfe gelten. Der Aufgabenträger muss wirksam in der Lage sein, dafür zu sorgen, dass Stationsentgelte bei kaputten Aufzügen, nicht funktionierenden Lampen oder Rolltreppen, die monatelang außer Betrieb sind, entsprechend zu kürzen.
Und in einem hohen Eskalationszustand muss es auch die Möglichkeit geben, dass der Aufgabenträger eine für den Infrastrukturbetreiber kostenpflichtige Ersatzvornahme einleitet, um die Qualität der Schiene und des Verkehrsträgers Eisenbahn zu sichern. Denn dann muss man die Leute nicht mehr mit an den Tisch bitten und braucht nicht mehr höflich zu fragen, ob man vielleicht bereit wäre, die Schiene in gutem Zustand zu halten, sondern dann gäbe es einklagbare Ansprüche. Die Pönalisierungsmechanismen im SPNV haben sich bewährt und sichern Qualität und Leistung. Dieses System muss man nun auch in den Infrastrukturbereich übertragen und den Aufgabenträgern die Befugnisse geben.
Siehe auch: VRS gibt ÖPNV-Pakt bekannt