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Asylberechtigte sollen in der ÖV-Branche arbeiten

04.10.16 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

In Zukunft sollen verstärkt Asylberechtigte im deutschen Eisenbahn- und ÖV-Wesen eine neue berufliche Perspektive finden. Bereits im Juni hat der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) gemeinsam mit seinen Unternehmen einen Plan vorgestellt, dass man bis zum Jahresende tausend Stellen schaffen will. Jetzt wurde eine erste Zwischenbilanz gezogen: Insgesamt 460 Ausbildungs- und Praktikumsplätze, Hospitationen und auch Festanstellungen haben die Verkehrsunternehmen bis dato eingerichtet, die Hälfte der angepeilten tausend Stellen ist damit fast geschafft.

Auf Nachfrage konnte man beim VDV die Verteilung der Menschen auch weiter aufschlüsseln: Rund fünfzig Personen sind regulär und sozialversicherungspflichtig angestellt, also etwa fünf Prozent des Zielwertes. In weiteren hundert Fällen gibt es in Zusammenarbeit mit regionalen Sozialleistungsträgern Maßnahmen zur Einstiegsqualifikation, also Programme, an deren Abschluss die betroffenen Personen in den Betrieb übernommen werden sollen.

Rund zwei Drittel laufen daher derzeit über Praktikumsplätze, Hospitationen und ähnliches; also kurzum all das, was man normalerweise als atypische oder prekäre Beschäftigung bezeichnet. Das aber soll sich ändern. Problematisch ist dabei, dass viele Teilnehmer solcher Programme oft ganz ohne Ausweispapiere oder Nachweise zur Berufsqualifikation ins Land gekommen sind.

Man kann also nicht nachvollziehen, ob jemand vor dem Krieg wirklich Busfahrer im Teheran war oder nicht. Trotzdem sieht man sich auf einem guten Weg. VDV-Präsident Jürgen Fenske: „Das ist eine tolle Leistung. Wenn man bedenkt, dass neben mangelnden Sprachkenntnissen auch fehlende schulische und berufliche Vorbildung nach wie besondere Herausforderungen sind, dann kann man dieses Engagement gar nicht genug wertschätzen. Die Branche beweist damit, dass sie ihren Auftrag als Teil der Daseinsvorsorge und soziale Teilhabe in diesem Land weit über den Bereich der Mobilität hinaus begreift. In den kommenden Monaten werden wir nicht nachlassen, um die angestrebte Marke von tausend Stellen zu erreichen.“

Noch liegen nicht aus allen VDV-Mitgliedsunternehmen Rückmeldungen vor. Aber rund fünfzig Prozent der Unternehmen, die sich gemeldet haben, haben inzwischen Stellen bzw. Angebote für Asylberechtigte geschaffen. Die mit Abstand meisten Angebote, nämlich rund 250, hat die Deutsche Bahn, das größte VDV-Mitgliedsunternehmen, bis dato eingerichtet. Bei den kommunalen Verkehrsbetrieben gibt es eine Reihe von Unternehmen, die eine zweistellige Anzahl von Angeboten bieten, unter anderem in Berlin, Köln, Bremen, München, Darmstadt und Mainz.

„Mich freut darüber hinaus, dass sich auch außerhalb der Großstädte viele kleinere Unternehmen ihrer sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung stellen und entsprechende Stellen anbieten. Das Engagement der Branche ist insgesamt sehr groß“, stellt Fenske fest. Jürgen Fenske ist hauptamtlich Vorstandsvorsitzender der Kölner Verkehrsbetriebe, die hier mit gutem Beispiel vorangehen. Dort nämlich werden derzeit in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit Köln, dem Jobcenter und dem Bildungswerk Verkehr Wirtschaft Logistik Nordrhein-Westfalen 13 Menschen aus Syrien, Iran, Irak, Afghanistan und Ägypten eine Ausbildung zum Busfahrer beginnen. Unter den Kursteilnehmern ist eine Frau.

Die Bewerber wurden von der Arbeitsagentur zum Einstellungstest eingeladen und anschließend von der KVB für den Ausbildungskurs ausgewählt. Fenske: „Die KVB stellt sich dieser Verantwortung. Mit der Busfahrschule bieten wir Flüchtlingen eine gute und qualifizierte Ausbildung mit der Perspektive einer anschließenden Festanstellung.“ Die Ausbildung dauert insgesamt rund ein Jahr. Die Teilnehmer absolvieren zunächst einen sechs bis neun Wochen dauernden Sprachkurs bei der Fortbildungsakademie der Wirtschaft.

Anschließend machen diejenigen, die ihn noch nicht haben, den Führerschein der Klasse B. Dann folgt die Qualifizierung zum Busfahrer (Führerschein Klasse D) mit einer Abschlussprüfung vor der Industrie- und Handelskammer. Wer sie bestanden hat, macht drei Monate lang ein Praktikum bei der KVB, dann erfolgt die Übernahme in ein normales Arbeitsverhältnis. Darüber hinaus stellt das Unternehmen mehrere Praktikumsplätze bereit, in einem Fall wurde ein syrischer Praktikant bereits ein regulärer Angestellter. Weitere sollen sowohl bei kommunalen Unternehmen wie im Eisenbahnwesen folgen.

Siehe auch: Seriöse Arbeitsmarktintegration sicherstellen

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