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Autonome Aufgabenträger bewahren

29.09.16 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen, Verkehrspolitik, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Dass Nordrhein-Westfalen ein RE-Netz im besonderen Landesinteresse hat, ist sicherlich nicht so grundsätzlich verkehrt. Dass eine Landesregierung im Zweifel in der Lage sein muss, die Aufgabenträger zu zwingen, gemeinsame Züge zwischen Köln und Düsseldorf oder Dortmund und Münster zu bestellen, ist einzusehen. Die jetzigen Planungen aber haben andere Hintergründe. Was die Landesregierung hier vorhat, ist eine Machtverschiebung zulasten der Aufgabenträger ins Düsseldorfer Ministerium.

Und da hat man sich zwischen Rhein und Weser bewusst entschieden, die Aufgabenträgerschaft in der Zuständigkeit kommunaler Zweckverbände zu belassen. Nicht nur einmal, sondern in den vergangenen Jahren immer wieder. Es gibt dafür gute Gründe. Die Ausgestaltung langfristiger Verkehrsverträge, die über mehrere Jahrzehnte laufen, kann man nicht an der politischen Großwetterlage in der Düsseldorfer Staatskanzlei ausrichten. Es braucht auf der Arbeitsebene Verlässlichkeit, die über den nächsten Wahltermin hinausgeht.

Aktuell hat der Landtag fünf Fraktionen, in der nächsten Legislaturperiode sind es vielleicht sogar mehr. Schaffen die Piraten den Wiedereinzug? Was ist mit der Linkspartei? Und die AfD ist wohl sicher drin. In Baden-Württemberg konnte man jüngst beobachten, dass bei der AfD längst nicht gesagt ist, dass diese als Fraktion eine ganze Legislaturperiode durchhält. Was also ist, wenn wir im nächsten Jahr sechs und im übernächsten Jahr sieben Fraktionen im Landtag haben?

Und wie sieht das langfristig aus, wenn aufgrund eines sich womöglich verfestigenden Systems aus sechs Parteien in den Landtagen Minderheitsregierungen den Ministerpräsidenten stellen, gleichzeitig aber auch Oppositionspolitiker immer wieder die Möglichkeit haben, Mehrheiten zu organisieren? Das ist ohne Frage gelebte Demokratie, es würde dafür sorgen, dass die Regierung tatsächlich und nicht nur pro forma unter der Kontrolle des Parlamentes stünde und dass selbiges in der Lage wäre, Politik zu gestalten ohne dass eine Regierungsbeteiligung nötig wäre.

Es macht aber die Planung von Verkehrsleistungen unmöglich, wenn man sich ständig wechselnden Ansprechpartnern mit verschiedenen politischen Prioritäten ausgesetzt sieht. Heute heißt es, man macht das eine, kurz darauf etwas ganz anderes. Das ist das Gegenteil von Verlässlichkeit und bringt Risiken ins Geschehen, denen man aus dem Weg gehen sollte. Dazu kommt, dass Politiker vielfach zwar gutes wollen, aber dass manch einem einfach das Fachwissen fehlt, das es auf der Arbeitsebene gibt.

Bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder Fälle, wo missverständliche Berichterstattung der Tagespresse dazu geführt hat, dass Abgeordnete sich um den SPNV-Anschluss ihres Wahlkreises Gedanken gemacht haben. Wenn in Zukunft jeder Hinterbänkler im Landtag ein Mitspracherecht hat, steht zu befürchten, dass Entscheidungsprozesse unverhältnismäßig lang und ineffizient werden. Die kommunale Aufgabenträgerschaft ist eine gute Antwort darauf. Es gibt keinen Grund, mit zentralistischen Mitteln Einfluss aus Düsseldorf zu nehmen.

Siehe auch: NRW plant ÖPNVG-Novelle

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