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Diskussion über Videoüberwachung

04.07.16 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche kam es zwischen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) einerseits und der Allianz pro Schiene andererseits zu einer offenen Meinungsverschiedenheit zum Thema Videoüberwachung in den Zügen und auf den Bahnsteigen. Die Allianz pro Schiene spricht sich für mehr Videoüberwachung aus und verweist auf eine aktuelle Umfrage aus Niedersachsen. Aktuell finden es 93 Prozent der Fahrgäste in Niedersachsen grundsätzlich richtig, zur Aufklärung und Abschreckung von Straftaten Videotechnik in Zügen einzusetzen.

„Wir sehen uns durch die heute in Hannover vorgestellte Umfrage bestärkt“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege und verwies auf wesentliche Erkenntnisse aus der Fahrgastbefragung. „Es sind sowohl die Gelegenheitsreisenden, als auch die regelmäßigen Nutzer, die Videoüberwachung befürworten. Bemerkenswert an dieser Befragung ist, dass die Menschen nicht anonym am Telefon befragt wurden, sondern direkt im Zug“, sagte Flege.

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse unterstützte die Allianz pro Schiene die Forderung der Verkehrsministerkonferenz, einheitliche Datenschutzregeln für alle Bundesländer zu erarbeiten. „Die Bahnen brauchen Rechtssicherheit für den Einsatz von Kameras in Zügen. Weil Datenschutz Ländersache ist, erspart ein einheitlicher Standard den Bahnen Ärger und den Fahrgästen Steuergeld. Zur Zeit müssen Datenschutzfragen über 16 Ländergrenzen hinweg immer neu geprüft werden, obwohl die Fragen, um die es geht, immer die gleichen sind“, kritisierte der Geschäftsführer.

Die EVG sieht das anders. Der stellvertretende Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel spricht sich für „ mehr Zugbegleiter und qualifiziertes Sicherheitspersonal“ aus. Deeskalation sei wichtig, dafür tauge Videoüberwachung überhaupt nicht. Das mache die massiv steigende Zahl an Übergriffen, trotz bestehender Videoüberwachung, deutlich. „Für die Aufklärung ist dieses Instrument sicher hilfreich, Übergriffe verhindern aber können Videokameras nicht“, machte Hommel deutlich.

Das zeige die tägliche Praxis leider immer wieder. Hommel forderte alle beteiligten Akteure auf, nicht allein auf Technik zu setzen sondern in den Ausschreibungen für den Nahverkehr verpflichtend auch verstärkt den Einsatz von Zugbegleitern und qualifiziertem Sicherheitspersonal festzuschreiben. „Alles andere taugt nur für eine Schlagzeile, hilft aber nicht wirklich ein Mehr an Sicherheit zu schaffen.“ Allerdings: Aus Fahrgastsicht warnte auch die die Allianz pro Schiene davor, in Sicherheitsfragen beim öffentlichen Verkehr ausschließlich auf Video-Technik zu setzen.

„Pendler und Passanten in Bahnhöfen wünschen sich neben Videoaufzeichnungen auch ansprechbares Personal“, sagte Flege. Auch diese Erkenntnis habe die aktuelle Forsa-Umfrage wieder einmal bestätigt. „Video-Technik allein, ohne ansprechbare Zugbegleiter, erhöht das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste nicht.“ Videokameras in den Zügen sind bei Neuvergaben seit einigen Jahren Standard.

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