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DB AG publiziert aktuellen Wettbewerbsbericht

18.07.16 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Deutsche Bahn hat ihren aktuellen Wettbewerbsbericht vorgelegt. Die wichtigste Erkenntnis: Insgesamt 412 verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen fahren auf der Infrastruktur der DB Netz AG. Die Nachfrage nach Schienenverkehrsleistungen in Deutschland ist ungebrochen: 2015 legte die Schiene im Personen- und im Güterverkehr zu. So wuchs der Personenverkehr gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozent, der Güterverkehr um 3,6 Prozent.

Weil der Verkehr auf der Straße jedoch stärker zulegte, verharrte der Marktanteil der Schiene im Personenverkehr bei rund acht Prozent (2014: 8,1 Prozent). Der Güterverkehr auf der Schiene steigerte dagegen 2015 seinen Anteil auf 17,5 Prozent am Transportmarkt in Deutschland (2014: 17,2 Prozent). Während sich andere Branchenakteure regelmäßig auf die absoluten Zahlen berufen und dort Erfolge hinein interpretieren, setzt man es bei der DB AG – wie auch beim Statistischen Bundesamt – in einen Zusammenhang mit dem Gesamtverkehrsaufkommen.

Wenn also der Straßenverkehr stärker wächst als der Eisenbahnverkehr, dann findet keine Verkehrsverlagerung auf die Schiene statt, sondern im Gegenteil, von der Schiene auf die Straße. Trotzdem sieht man Potential. „Wir teilen mit der gesamten Branche die Überzeugung, dass die Eisenbahn gerade im digitalen Zeitalter enorme Wachstumschancen hat. Wir müssen gemeinsam die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene weiter erhöhen und strukturelle Vorteile wie ihre Umweltfreundlichkeit weiter ausbauen“, so DB-Vorstand Ronald Pofalla.

Der Wettbewerb auf der Schiene hat sich in Deutschland dynamisch entwickelt, und die Nutzung des Schienennetzes nimmt stetig zu: 2015 waren 412 Unternehmen auf dem Netz unterwegs, elf mehr als im Vorjahr. Mit 1,05 Milliarden Trassenkilometern wurde ein neuer Höchststand bei der Betriebsleistung erreicht. 2015 hatte die Deutsche Bahn im Nahverkehr einen Marktanteil von 70,8 Prozent (2014: 72,8 Prozent). Boden gutmachen konnte die DB im Fernverkehr und zählte mit 132 Millionen Reisenden insgesamt 2,2 Prozent mehr Fahrgäste als 2014.

Im Regionalverkehr sinkt der Marktanteil des DB-Konzerns seit Jahren. Eine Tendenz, die sich bis 2020 noch dramatisch fortsetzen wird. Hintergrund: Bereits heute ist bekannt, dass zahlreiche wichtige Netze in einigen Jahren von anderen Betreibern übernommen werden. So hat DB Regio z.B. in Nordrhein-Westfalen die gesamten Betriebsleistungen für die Regionalexpress-Linien verloren, die demnächst unter dem Label Rhein-Ruhr-Express fahren werden. Auch bei der dortigen S-Bahn hat man jüngst zwei große Lose verloren und muss das Feld anderen überlassen.

In Baden-Württemberg das gleiche Bild: Auch die Stuttgarter Netze werden in Zukunft von anderen gefahren. Bei einem hohen Vergabevolumen ist es zudem möglich, dass auch weitere attraktive Aufträge verloren gehen. Doch selbst wenn man sie halten kann, sinken die Margen. So hat man im Dezember 2014 die Linien S 5 und S 8 der nordrhein-westfälischen S-Bahn behalten können. Allerdings zu deutlich schlechteren Konditionen: Bekam man im alten Vertrag noch sechs Euro pro Zugkilometer und die Fahrgelderträge, so sinkt der Zuschuss des Aufgabenträgers auf fünf Euro pro Zugkilometer und die Fahrgelderträge gehen in einem Bruttovertrag ebenfalls nicht mehr an die DB AG. Das kostet Umsatz und Gewinnmarge.

In Baden-Württemberg fuhr DB Regio sehr lange zahlreiche Leistungen mit Silberlingen aus den Beständen der Deutschen Bundesbahn. Diese hat der DB-Konzern bei seiner Gründung umsonst erhalten. Selbst wenn man also Aufträge zu deutlich geringeren Bestellerentgelten gewinnt, so muss man zusätzlich in neues Rollmaterial investieren. Abschreibungen oder Mietkosten fallen also zusätzlich an. Dazu kommt mit dem Fernbus seit einiger Zeit ein zusätzlicher Konkurrent sowohl für den SPFV im Niedrigpreissegment als auch für den langlaufenden SPNV.

Seit einigen Monaten ist verstärkt zu beobachten, dass zahlreiche Branchenakteure, auch außerhalb des DB-Konzerns und dessen Dunstkreis, die Einführung einer Mautpflicht für Fernbusse fordern. In diesem Zusammenhang übt der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (BDO) Kritik an der DB AG. Bei der Bewertung falle deutlich unter den Tisch, dass vor allem der Autoverkehr der Eisenbahn zu schaffen mache und gerade nicht der Fernbus. Dass der Autoverkehr im Bericht nur eine „Randnotiz“ sei hält man für falsch und empfiehlt, sich künftig stärker mit dem Auto zu befassen.

Siehe auch: Mehr Marktwirtschaft wagen

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