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Controlling auch bei Inhouse-Betreibern

25.07.16 (Kommentar, München) Autor:Stefan Hennigfeld

Ich persönlich habe mit letzten Mittwoch auf Fußball gefreut: Der neue Bayerntrainer Carlo Ancelotti tritt zum ersten mal in der Allianz-Arena auf und das ausgerechnet gegen Manchester City unter Trainer Pep Guardiola, der bis vor einigen Wochen noch beim FC Bayern war. Natürlich hat es nicht den Reiz einer großen Europapokalnacht, aber endlich spielen die Bayern wieder. So werden sicherlich auch die rund 65.000 Menschen gedacht haben, die an dem Abend im sonst immer ausverkauften Stadion waren.

Und dann passiert das, was bei einem ICE der Deutschen Bahn noch vor ein paar Jahren ein riesiger Skandal war: Die Züge überhitzen und man kommt nicht raus. Jetzt mögen die Betriebsleiter der Verkehrsunternehmen bitte einmal ein Auge zudrücken, aber die Fahrgäste haben das einzig richtige getan: Sie haben sich aus einem stark überhitzten Zug befreit. Jetzt zu sagen, dass die Fahrgäste schuld seien ist – im Licht des gesunden Menschenverstandes betrachtet – eine riesige Unverschämtheit.

Das ist eine Mentalität, die man von der alten Bundesbahn kennt, wo der Beförderungsfall ein Störfaktor im Eisenbahnbetrieb war, aber mit modernem Dienstleistungsgedanken hat das alles nicht zu tun. Eine Blechbüchse, die in der Sonne steht und in der vermutlich Temperaturen herrschten, die bei Tiertransportern vermutlich nicht mehr zulässig wäre, ist eben kein Ort, an dem man gerne wartet, was jetzt kommt. Wenn die Fensterscheiben zudem wegen der großen Hitze beschlagen waren, dann mag sich gar nicht ausdenken, was in so einem Zug alles hätte passieren können.

Aber während so eine Aktion im SPNV durch einen guten Aufgabenträger aufgearbeitet würde, um Eskalationen wie diese zukünftig zu vermeiden, dürfte hier vermutlich gar nichts passieren. Ein paar Tage lang wird im Münchener Blätterwald noch darüber diskutiert, die Verwaltungsetagen der MVG und der Stadtwerke München wissen ja jetzt schon, dass der Nutzer das Problem ist und überhaupt sind das halt Dinge, die passieren können.

Das zeigt einmal mehr, dass Controlling notwendig ist, auch bei kommunalen Unternehmen. Der Aufgabenträger kann direkt und indirekt steuern: Direkt, indem er klar und deutlich sagt, dass das und das mit sofortiger Wirkung zu tun ist, um bestimmte Probleme zu verhindern. Indirekt, indem Pönalisierungen ökonomischen Druck ausüben und dafür sorgen, dass ein betriebswirtschaftliches Eigeninteresse an hoher Qualität und Leistung besteht. Natürlich braucht man dafür robuste Verkehrsverträge.

Aber die Inhouse-Vergaben, wie man sie aus dem kommunalen Bereich kennt, sind gerade das Gegenteil des notwendigen. Ohne konkreten Bezug auf München zeigen die praktischen Erfahrungen, dass vielen kommunalen Aufgabenträgern nicht einmal bekannt ist, dass sie für ein regelmäßiges Controlling verantwortlich sind. Damit ist der Sinn der Inhouse-Vergabe (dass der Aufgabenträger das Verkehrsunternehmen so wie eine eigene Dienststelle steuern kann) nicht erfüllt. Was wir hier haben ist eine Gutsherrenmentalität wie man sie von früher kennt. Da muss sich im Interesse eines guten ÖPNV etwas tun!

Siehe auch: MVG: U-Bahnchaos in München

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