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Digitalisierungskonzept vorgestellt

27.06.16 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Deutsche Bahn und das Berliner Bundesverkehrsministerium haben in der letzten Woche eine umfassende Digitalisierungsoffensive angekündigt. Unter anderem sollen automatisch fahrende Züge unter realen Bedingungen getestet werden. Ob die jemals Realität werden, bleibt abzuwarten. Allerdings sollen zukünftige Infrastrukturprojekte digital geplant werden. Das soll bis 2020 zum Standard bei allen öffentlichen Verkehrs-Infrastrukturprojekten.

Minister Alexander Dobrindt (CSU) hat dafür einen Stufenplan entwickelt und zusammen mit der Deutschen Bahn Pilotprojekte gestartet. Doch es gibt auch für die Fahrgäste einen kurzfristigen praktischen Nutzen. So soll der WLAN-Zugang in naher Zukunft im SPFV Standard sein. Der Bund hat die Telekommunikationsunternehmen bei der Frequenzversteigerung 2015 („Digitale Dividende II“) verpflichtet, eine flächendeckende Anbindung aller ICE-Strecken an mobiles Breitband sicherzustellen.

Bis Ende des Jahres 2016 wird kostenfreier Internetzugang über WLAN in allen ICE-Zügen, auch in der 2. Klasse geschaffen. Gemeinsam mit den Mobilfunknetzbetreibern soll dafür gesorgt werden, dass Reisende und weitere Nutzer der Schiene überall und jederzeit Zugang zum mobilen Breitband haben. Minister Dobrindt: „Wir schmieden ein Zukunftsbündnis für die digitale Mobilitätsrevolution auf der Schiene. Die Bahn kann so das Verkehrsmittel des digitalen Zeitalters werden – neben Arbeitsplatz und Wohnung, ein zusätzlicher Ort zum Arbeiten und zur Kommunikation.“

Zeitgleich wurde bekannt, dass die Deutsche Bahn eine Kooperation mit dem TV-on-Demand-Anbieter Maxdome GmbH eingegangen ist. Am Ende 2016 werden Kinofilme und Serien das Angebot im ICE Portal erweitern. Der neue Service wird sowohl einen kostenfreien als auch einen kostenpflichtigen Bereich beinhalten. Neben familiengerechten Komödien, Action- und Animationsfilmen werden auch Tier- und Naturdokumentationen sowie Kinderinhalte zur Verfügung stehen. Bahn-Kunden haben die Wahl zwischen 50 kostenfreien, teilweise monatlich wechselnden und bis zu 1.000 kostenpflichtigen Inhalten.

„Mit dem einzigartigen Entertainment-Angebot von maxdome wird das ICE Portal ab Ende 2016 um einen wichtigen Baustein aufgewertet“, erklärt Michael Peterson, Vorstand Marketing der DB Fernverkehr. „Reisen im ICE werden mit diesem Video-Service für unsere Kunden noch unterhaltsamer.“ Marvon Lange, Geschäftsführer bei Maxdome: „Maxdome in der Bahn bietet einen signifikanten Mehrwert für den Kunden: Film- und Seriengenuss ohne dass ich vorher einen Titel runterladen muss, ohne dass mein mobiles Datenvolumen verbraucht wird und ohne Aussetzer im Tunnel – komfortabler geht es nicht.“

Das ICE Portal der DB öffnet sich als Startseite im Browser, sobald sich der Reisende mit seinem eigenen mobilen Endgerät mit dem Bord-WLAN verbindet. Das Bordprogramm bietet verschiedene Informationsbereiche wie Tipps und Empfehlungen zu Sehenswürdigkeiten und Attraktionen zum nächsten ICE-Halt, Informationen zum Speise- und Getränkeangebot im ICE, zu Flinkster – mein Carsharing und zu Call a bike, den Mieträdern der DB, sowie einen iKiosk mit verschiedenen Zeitungsangeboten, Hörbüchern und Hörspielen.

Das alles klingt gut – und könnte dennoch mehr sein. Matthias Gastel (Grüne), eisenbahnpolitischer Sprecher seiner Fraktion im Deutschen Bundestag jedenfalls hält die jetzigen Planungen für „alten Wein in neuen Schläuchen.“ Gastell: „Man fragt sich, welche Neuigkeiten Verkehrsminister Dobrindt heute zu verkünden hatte. Denn das unterzeichnete Memorandum of Understanding ist ein Sammelsurium altbekannter Ideen, die endlich in die Umsetzung kommen müssen. Statt klarer Ziele und konkreter Digitalisierungsprojekte sind wieder die alten Ankündigungen von WLAN in der zweiten Klasse und Pilotprojekten für die Digitalisierung aufgetischt worden.“

Die jetzt vorgestellten Planungen seien allesamt „keine Neuigkeiten“. Im Gegenteil. Der „selbst ernannte Digitalisierungsminister“ habe „keinen Plan zur Digitalisierung des Bahnverkehrs“, so Gastell. „Aus seiner Sicht hat offenbar der Bahn-Konzern allein zu liefern, während der Bund sich mit einem kläglichen Beitrag von einmalig 75 Millionen Euro beteiligt. So fällt das mühsam aufgebaute Kartenhaus in sich zusammen!“ Allerdings: Insgesamt investiert der Bund bis 2020 jährlich fünf Milliarden Euro. 75 Millionen Euro verteilt über fünf Jahre davon gehen explizit in die Digitalisierung des Eisenbahnverkehrs.

Siehe auch: Wir werden digital

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