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DB-Konzern: Debatte um Grubes Zukunft

16.06.16 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Innerhalb des Aufsichtsrates der Deutschen Bahn wird offensichtlich über die Zukunft des Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube diskutiert. Dessen Vertrag endet zum 31. Dezember 2017. Zu diesem Zeitpunkt wird er 66 Jahre alt sein, könnte aber trotz des formalen Rentenalters noch einige weitere Jahre im Amt bleiben. Eine Entscheidung über eine Vertragsverlängerung wird üblicherweise ein Jahr im voraus gefällt. So dass im Falle einer Trennung beide Seiten die Möglichkeit haben, sich nach etwas anderem umzusehen.

Zudem ist dann in den letzten Monaten in der Regel noch eine Übergangszeit möglich, in der der alte und neue Vorstandsvorsitzende gemeinsam am Ruder sitzen. Doch ob Grubes Vertrag verlängert wird, ist auch jetzt – rund ein halbes Jahr vor der fälligen Entscheidung – offensichtlich noch offen. Ein namentlich nicht genanntes Aufsichtsratsmitglied wird in der Wirtschaftswoche zitiert: „Damit braucht er jetzt gar nicht erst anzukommen. Er soll erst einmal liefern.“

Einer der Gründe für das Misstrauen im Kontrollgremium ist demnach Stuttgart 21. Die Kosten sind hier zuletzt erheblich gestiegen. Inzwischen ist von 6,5 Milliarden Euro die Rede. Zur Erinnerung: Noch beim Baustart 2010 war die Rede von 4,5 Milliarden Euro. Auch der geplante Eröffnungstermin ist fraglich. Ebenso konzeptlos steht man im Güterverkehr da. Nachdem man DB Schenker Logistics am Markt veräußern möchte – wenn sich ein angemessener Preis erzielen lässt – wurde DB Schenker Rail wieder in DB Cargo umbenannt und man will selbst am Markt tätig bleiben.

Doch auf welchem Niveau? Ein neues Konzept ist vergangene Woche vor dem Aufsichtsrat komplett durchgefallen und muss nun durch den Vorstand überarbeitet werden. In der Welt am Sonntag wird ein ebenfalls namentlich nicht genanntes Aufsichtsratsmitglied zitiert: „Es kann passieren, dass man Bedarf zum Nachjustieren sieht. Aber dass ein Konzept derart krachend durchfällt, ist etwas Besonderes.“

Und weiter: „Der Schienengüterverkehr ist ein einziges Trauerspiel, der Fernverkehr muss extrem kämpfen. Bei unserem Regionalverkehr ist der Zusammenbruch politisch gewollt, damit mehr Wettbewerb im Land herrscht.“ Im Regionalverkehr hat man zuletzt erheblich Marktanteile verloren – und dort, wo man Ausschreibungen für sich entschieden hat, ging dies massiv auf Kosten der eigenen Gewinnmarge. Der Zuschuss sinkt auf ein Marktpreisniveau ab.

Gut fünf Jahre nach dem Abellio-Urteil ist der Direktvergabemarkt größtenteils ausgetrocknet. Für DB Regio – jahrelang einer der Goldesel im Konzern – bedeutet das erhebliche Probleme. Diese haben sich bereits damals abgezeichnet und sind jetzt da. Bestrebungen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dahingehend zu ändern, dass DB Regio doch wieder Direktvergaben akquirieren kann, verliefen bislang alle im Sande.

Im Fernverkehr hat man jüngst ein Konzept für die Zukunft vorgestellt. Es basiert im wesentlichen auf der Bestrebung, lang laufende, elektrische RE-Linien zusammenzulegen und unter dem Label InterCity laufen zu lassen. Idealerweise natürlich mit finanziellen „Tarifausgleichen“ durch die Aufgabenträger. Juristisch klingt das heikel, doch dazu müsste ein solches Modell zunächst beklagt werden. Das Konzept geht aber nicht zurück auf Rüdiger Grube oder die DB Fernverkehr AG.

Es wurde von Ronald Pofalla ausgearbeitet, der aus der Politik in den Bahntower wechselte. Pofalla ist bei der Frage nach der Vorstandsbesetzung auch eine entscheidende Figur. Er gilt nach wie vor als enger Vertrauter der Bundeskanzlerin, die sich ihrerseits aber nicht sonderlich für das Thema Eisenbahnpolitik oder das Bundesunternehmen Deutsche Bahn AG interessiert. In diesem Zusammenhang hat man diese Woche angekündigt, dass Volker Kefer den Konzern zum 30. September 2017 verlassen wird.

Für Ronald Pofalla wäre dann der Weg frei: Sobald Grube selbst ginge, stünde niemand mehr vor ihm. Kefer und Grube sind gemeinsam für Stuttgart 21 verantwortlich. Auf Pofalla geht das Konzept „Zukunft Bahn“, das zunächst unter dem Titel „Eisenbahn in Deutschland“ bekannt wurde, zurück. Ziel ist es demnach, die Unternehmensaktivitäten wieder verstärkt im inländischen Eisenbahnmarkt zu forcieren. Er sieht überhaupt erstmals seit einiger Zeit ein unternehmenspolitisches Ziel vor, das zuletzt nur noch schwer erkennbar war. In den kommenden Monaten jedenfalls muss eine Nachfolgeregelung gefunden werden: Für Volker Kefer und (vielleicht auch) für Rüdiger Grube.

Siehe auch: Die offenen Baustellen

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