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Thüringen: Kritik am BVWP 2030

25.05.16 (Fernverkehr, Güterverkehr, Thüringen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die thüringische Landesverkehrsministerin Birgit Keller (Linkspartei) möchte bei den Schienenvorhaben weitere Prüfungen. Im Bundesverkehrswegeplan wurden der weitere zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der Mitte-Deutschland-Verbindung über Weimar, Jena und Gera bis Gößnitz sowie die Elektrifizierung der Strecke Gotha – Leinefelde als Vorhaben des Potentiellen Bedarfs eingeordnet.

Das Land fordert, dass die MDV in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen wird und bietet für die Realisierung des Projekts den Einsatz von EFRE-Mitteln in Höhe von 30 Millionen Euro und die Vorfinanzierung von Planungsleistungen in Höhe von drei Millionen Euro durch das Land an. Ab 2018 wird die Strecke durch die neue Fernverkehrslinie der Deutschen Bahn von Düsseldorf über Kassel und Erfurt nach Gera zu einer Fernverkehrstrecke, die für ihre weitere Entwicklung dringend auszubauen und zu elektrifizieren ist.

Nach erfolgter Elektrifizierung gibt es die feste Zusage der Fernverkehr AG die Linie bis in das sächsische Oberzentrum Chemnitz zu verlängern, um zukünftig wieder zweistündlich die Stadt mit 250.000 Einwohnern an das Fernverkehrsnetz anzuschließen. Auch die Elektrifizierung der Strecke Gotha – Leinefelde würde dem Fernverkehr dienen. Die Linie vom Ruhrgebiet nach Westsachsen könnte über Leinefelde geführt werden und so weite Teile Thüringens erschließen.

Inwieweit dieses Konzept tatsächlich langfristig eigenwirtschaftlich angeboten wird, ist jedoch nicht absehbar. Es steht jedoch außer Frage, dass der Betrieb von SPFV-Zügen in Dieseltraktion mit zusätzlichem Aufwand und Kosten verbunden ist, wodurch der Break Even nach oben steigt. Allerdings ist es möglich, dass man bei der Deutschen Bahn auch im Zusammenhang mit der Mitte-Deutschland-Verbindung darauf spekuliert, Regionalisierungsgelder für InterCity-Leistungen abzugreifen.

In diesem Fall würde man sich im Freistaat Thüringen dem Risiko aussetzen, dass andere Betreiber ein solches Modell beklagen. Auch der Güterverkehr in Richtung norddeutsche Häfen könnte die Strecke nach der Elektrifizierung verstärkt nutzen. Der Lückenschluss Coburg – Südthüringen (Werrabahn) wurde bislang nicht im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans berücksichtigt.

Hier plädiert das Land dafür, dass dieses Projekt in den Potentiellen Bedarf aufgenommen und detailliert bewertet wird. Mit dem Lückenschluss würde sich das Fahrgastpotential für den künftigen ICE-Fernverkehrshalt Coburg erhöhen und die Anbindung an den Schienengüterverkehr für Wirtschaftsbetriebe in Südthüringen verbessern und gleichzeitig Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern.

„Mit dem neuen Bundesverkehrswegeplan ist Thüringen auf einem guten Weg“, stellte Ministerin Keller abschließend fest. „Nun gilt es noch, die Bundesregierung von den richtigen Stellschrauben für die Feinjustierung zu überzeugen. Gemeinsam mit dem Sachverstand und Stellungnahmen aus den betroffenen Regionen vor Ort sollte uns dies wohl gelingen.“

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