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Grüne kritisieren EReG-Entwurf

23.05.16 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Bundestagsfraktion der Grünen kritisiert den Entwurf zum Eisenbahnregulierungsgesetz der Bundesregierung. Im Vorfeld der Sachverständigenanhörung, die am Mittwoch den 1. Juni im Verkehrsausschuss anberaumt ist, hält man die jetzigen Planungen für nicht ausreichend. Der Gesetzentwurf ziehe sich auf den von der EU-Kommission vorgesehenen Mindeststandard der Regulierung des Monopols Eisenbahninfrastruktur zurück.

Es gäbe mit dem aktuellen Gesetzesentwurf keinerlei Anzeichen, dass die Bundesregierung die im Rahmen der EU-Richtlinie vorgesehenen Spielräume für einen Wachstumsmarkt Schiene wirklich ausschöpfen wolle. Die Anreizregulierung werde absehbar in Deutschland zu schwach sein, um einen kostengünstigen Schienenverkehr in Deutschland zu erreichen. Zudem seien die Anreize zu schwach, Infrastrukturmängel und Langsamfahrstellen rasch zu beheben und neue Kapazitäten im Schienennetz zu schaffen.

Bereits heute ist es z.B. nicht möglich, Schlechtleistungen der Infrastrukturunternehmen zu pönalisieren: Während verschmutzte Züge dazu führen, dass die Bestellerentgelte gesenkt werden, haben Langsamfahrstellen keinerlei Auswirkungen auf die Trassenpreise. Eine solche Forderung hat der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Matthias Gastell schon vor einiger Zeit formuliert.

Zumal die Qualitätsberichte der DB Netz AG auf Eigenbewertungen beruhen. Ein externes Controlling findet nicht statt und ist nicht vorgesehen. Außerdem sieht man die Kalkulationsgrundlagen falsch gesetzt: Die Bundesregierung möchte von den Eisenbahnverkehrsunternehmen die hohen Vollkostenpreise in Deutschland weiterhin verlangen und folgt nicht der Empfehlung der EU-Kommission, die deutlich günstigeren Trassenpreise auf Grenzkostenbasis (unmittelbare Kosten des Zugbetriebs) zu veranschlagen.

Damit haben wir in Deutschland im Gegensatz zu erfolgreichen Bahnländern wie die Schweiz, Österreich, die Niederlande oder Schweden weiterhin ein erhebliches Wachstumshemmnis für die Schiene. Zur Einordnung: Im aktuell vorgestellten Tätigkeitsbericht der Bundesnetzagentur für 2015 wird der Trassenpreisanstieg für den SPNV und Schienengüterverkehr gegenüber 2010 mit jeweils mehr als 13 Prozent beziffert, im Personenfernverkehr sogar mit 14 Prozent.

Die Stationsentgelte legten um 12,5 Prozent zu. Die Verbraucher- und Erzeugerpreise sind im gleichen Zeitraum lediglich um sieben bzw. knapp fünf Prozent gestiegen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Eisenbahnunternehmen nach dem Gesetzentwurf nicht mehr klagebefugt sein dürfen, wenn es Zweifel an der Angemessenheit der Trassen- und Stationspreise gibt. Mit der Abschaffung dieser Billigkeitskontrolle würden wesentliche Vertragsprinzipien zwischen Deutscher Bahn und den Eisenbahnverkehrsunternehmen außer Kraft gesetzt werden.

Unter anderem ging die Abschaffung der sogenannten Regionalfaktoren im Trassenpreissystem auf eine erfolgreiche Klage von Eisenbahnverkehrsunternehmen zurück. Scharf kritisiert werden müsse die Koppelung der Trassenpreise im SPNV an die Regionalisierungsmittel, zudem dass diese von Land zu Land unterschiedlich hoch sein sollen. Es sei schlichtweg nicht logisch erklärbar, warum ein S-Bahn-Kilometer in Wiesbaden teurer sein sollte als einer der gleichen S-Bahn-Linie in Mainz.

Die Zahlungsbereitschaft der Länder würde vollkommen abgegriffen, ohne dass Möglichkeiten für Mehrverkehre bestehen. Zusätzliche Regionalisierungsmittel würden sofort von höheren Trassenpreisen verzehrt, weniger Regionalisierungsmitteln in den ostdeutschen Ländern folgt zugleich weiterhin das Aus für ganze Bahnstrecken. Eine einseitige Begrenzung der Trassenpreise im SPNV würde hingegen bedeuten, dass der Fernverkehrskunde und der Güterverkehr umso höhere Preise tragen müsste.

Angesichts der desolaten Entwicklung des deutschen Schienengüterverkehrs wäre dies keine politisch vertretbare Lösung. Weiterhin ist problematisch, dass der vorliegende Entwurf einen durchgehenden Taktfahrplan und damit in der Konsequenz auch die Umsetzung des Deutschland-Taktes gefährdet. „Ins Netz eingebundene“ Verkehre haben nach derzeit dieselbe Priorität bei der Trassenzuweisung wie „vertaktete Verkehre“.

Allerdings: Bei der Organisation des SPFV haben die Grünen sich nicht geäußert. Ob man dort weiterhin darauf hoffen möchte, dass die DB Fernverkehr AG einen Deutschlandtakt eigenwirtschaftlich fährt oder ob man hier ein Bestellerprinzip anstrebt, geht aus der aktuellen Stellungnahme nicht hervor.

Siehe auch: Nicht ums Geld schachern

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