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Eisenbahner mit Herz prämiert

02.05.16 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Um das Bild des schlecht gelaunten Bundesbahn-Schaffners, der mit paramilitärischen Umgangsformen durch den Zug geht, in der Öffentlichkeit zu überwinden, veranstalten die Verbände der Eisenbahnbranche seit einigen Jahren die Wahl zum Eisenbahner mit Herz. In der letzten Woche wurden die Auszeichnungen für das Jahr 2015 vergeben. Erstmals ehrt die Jury auch Landessieger aus acht Bundesländern.

Gold geht an die Abellio-Zugbegleiterin Lena-Sophia Nobbe (46). Die türkischstämmige Frau wies auf eine „nachahmungswürdige Weise“ einen Fahrgast in die Schranken, der nicht neben „Ausländern und Kanaken“ sitzen wollte: Als der Mann nicht nachließ, brachte die Abellio-Mitarbeiterin eine verängstigte syrische Familie aus der Schusslinie, indem sie die Leute in die erste Klasse umsiedelte. „Gold für eine Eisenbahnerin, die eine schwierige Situation mit Esprit gelöst hat, ohne den Fahrgast zu verprellen“, lobte die Jury die Gewinnerin.

Silber gewann der Lokführer Fatih Yilmazli (25) von DB Regio aus Freudenstadt. Als ein unter Drogeneinfluss stehender Fahrgast aus Algerien die weiblichen Reisenden in seinem Zug sexuell belästigt, verlässt er seinen Führerstand und bringt die Frauen in Sicherheit. Er koordiniert die Verhaftung des Angreifers und sorgt dafür, dass die Lage nicht weiter eskaliert.

Die Preisrichter waren überzeugt: „Ohne dass die Frauen erst den Notrufknopf drücken mussten, hatte dieser Lokführer jederzeit die Übersicht in seinem Zug. Seit den Silvester-Übergriffen auf der Kölner Domplatte wissen wir, dass solch ein Einsatz nicht selbstverständlich ist.“

Bronze bekam der Auszubildende Kevin Hauseder (21) vom Reisecenter München, weil er ein getrenntes Liebespaar auf der Rückreise von Italien mit vielen gekonnten Telefonaten wieder zusammenbrachte, anstatt die Fahrgäste mit der Formel „Eigenverschulden“ abzuspeisen. „Bronze für einen Service, der sogar einem langgedienten Vertriebsmitarbeiter zur Ehre gereichen würde“, urteilte die Jury.

Erstmals ehrte die Jury auch „Landessieger“: Acht Eisenbahner waren in ihren Bundesländern hervorragend für die Kunden unterwegs. Für Baden-Württemberg ging der Preis an Maria Verna von DB Regio, in Bayern bekam der BOB-Lokführer Markus Schmidt den Titel: beide hatten Flüchtlingen auf ihren Irrreisen durch Deutschland geholfen.

Der ICE-Zugbegleiter Enrico Gottwald (Berlin) und ICE-Zugchefin Anne Feilke (Hamburg) überzeugten die Jury ebenso wie Bahnhofs-Mitarbeiter Gero Müller, der am Bahnhof Leer (Niedersachsen) einer Rollstuhlfahrerin aus Nacht und Regen gerettet hatte.

Der Nordwestbahn-Lokführer Werner van de Loo (NRW) überführte einen Taschendieb in flagranti, während HEX-Mitarbeiter Lars Jaeger (Sachsen-Anhalt) ein verlorenes Kundenhandy aus der Zugverkleidung herausoperierte. Der HLB-Zugbegleiter Siegbert Giese (Hessen) ist bei Fahrplan-Havarien für seine Pendler jederzeit auf dem Handy zu erreichen. Geschichten von Fahrgästen für die nächste Runde nimmt die Allianz pro Schiene wieder entgegen.

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