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Sachsen: Basisgutachten vorgestellt

18.04.16 (Sachsen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Freistaat Sachsen wurde für die seit letztem Jahr tätige Strategiekommission ÖPNV und deren weitere Arbeit nun ein Basisgutachten erstellt. Für die Arbeit der Kommission sind insbesondere empirische und inhaltliche Vorarbeiten notwendig. Zur Evaluierung der Ausgangssituation im ÖV-Gesamtsystem wurde dieses im August 2015 beauftragt.

Dabei ging es um einige grundlegende Fragestellungen, mit denen sich auch die Kommission beschäftigt: Wie kann der ÖPNV in Zukunft aussehen? Wie wird er zu einer konkurrenzfähigen Alternative zum Individualverkehr? Wie sichern wir den ÖPNV im vom Bevölkerungsrückgang besonders betroffenen ländlichen Raum – wie bauen wir ihn in den boomenden Großstädten weiter aus?

Nach umfangreicher Datenerhebung, Analyse und Bewertung der Informationen durch das Konsortium ETC GmbH und KCW GmbH liegen die Ergebnisse jetzt vor. Das rund 400 Seiten umfassende Gutachten wurde der Kommission für ihre Arbeit bereits zur Verfügung gestellt.

„Sachsen verfügt damit als erstes der 16 Bundesländer über eine komplexe Bestandsaufnahme zum Status quo des schienen- und straßengebundenen ÖPNV. Damit liegt der Kommission jetzt eine fachlich fundierte Daten- und Informationsgrundlage vor, die als Aufsetzpunkt und fachlicher Impulsgeber für die weitere Arbeit dienen soll. Es ist jedoch kein Ziel des Gutachtens, fertige Lösungen aufzuzeigen“, so Verkehrsminister Martin Dulig (SPD).

Der sächsische ÖPNV schneidet gut ab, es werden in der gutachterlichen Expertise aber auch Potenziale für Leistungs- und Effizienzsteigerungen erkennbar. Die Arbeitsgruppen der ÖPNV-Strategiekommission werden mit dieser Grundlage die einzelnen Facetten des ÖPNV betrachten, Handlungsempfehlungen erarbeiten und diese zur Prüfung und Diskussion in die Kommission zurückspiegeln. Zu den ersten Themenfeldern sollen Ende 2017 bereits die ersten konzeptionellen Vorschläge vorliegen.

„Der Freistaat hat dafür Sorge getragen, dass seit 1991 ein attraktives, sicheres und bezahlbares ÖPNV-Angebot aufgebaut werden konnte und will auch zukünftig ermöglichen, dass jedem Bürger ein attraktives Mobilitätsangebot zur Verfügung gestellt werden kann“, formuliert Minister Dulig den Anspruch für die Zukunft.

Die Herausforderung für die Kommission besteht darin, diese Zielstellung mit den finanziellen Ressourcen und den sich ändernden Rahmenbedingungen, wie der demographischen Entwicklung, in Einklang zu bringen und entsprechende strategische Handlungs- und Umsetzungsempfehlungen zu erarbeiten.

„Auch vor einer schwierigen Finanzierungskulisse wollen wir die jetzigen ÖPNV-Angebote erhalten und bei Bedarf weiter ausbauen. Leistungskürzungen im ÖPNV sind nicht der richtige Weg – weder für unsere Bürgerinnen und Bürger, noch für die Umwelt. Daher müssen wir innerhalb der Staatsregierung und mit dem Parlament einen Weg finden, um den kommunalen Aufgabenträgern des ÖPNV möglichst langfristig Planungssicherheit zu geben. Wir werden in den anstehenden Haushaltsverhandlungen alles tun, damit die Verkehrsverbünde auch in den kommenden Jahren ausreichend Mittel erhalten, um ihre Aufgaben erfüllen zu können“, so Dulig weiter.

Die Gutachter werden die Arbeit der ÖPNV-Strategiekommission weiterhin aktiv begleiten und stehen dem Gremium jederzeit für fachliche Fragen zur Verfügung. Dabei dürfte ein besonderer Augenmerk auf der Frage stehen, wie die Gutachter und die Kommissionsmitglieder die verkehrspolitische Situation im Freistaat Sachsen selbst sehen: So werden in Sachsen – auch im Verhältnis zu anderen Bundesländern – besonders hohe Anteile der Regionalisierungsgelder für andere Dinge zweckentfremdet, die im Rahmen des Regionalisierungsgesetzes möglich sind.

So werden etwa Busförderungen aus diesem Topf bezahlt. Dazu wird es interessant werden, ob die Experten von ihren eigenen Auftraggebern mehr finanzielles Engagement aus dem Landeshaushalt für den ÖPNV fordern. Erfahrungsgemäß sind die Bundesländer dazu in der Regel nicht bereit – auch wenn sie stets beim Bund hohe Geldsummen anmahnen.

Der ÖPNV-Strategiekommission gehören Vertreter aller Fraktionen des Sächsischen Landtages, der kommunalen Ebene, der involvierten Ministerien, der Fahrgast- und Unternehmensverbände, Repräsentanten der Gewerkschaften, der IHK, der Wissenschaft sowie ein Vertreter für die Belange von Menschen mit Behinderungen an. Im laufenden Jahr sind sechs Sitzungen geplant.

Siehe auch: Sonntagsreden und finanzielles Engagement

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