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Sonntagsreden und finanzielles Engagement

18.04.16 (Kommentar, Sachsen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Berichte solcher Kommissionen, wie jetzt im Freistaat Sachsen, aber auch vor einigen Jahren schon in Nordrhein-Westfalen, sind immer interessant zu lesen. Nun gewähren sie nicht unbedingt neue Einblicke, aber doch in vielen Fällen eine neue Sicht auf die Dinge. Oder auch nicht: Denn wenn Minister Dulig (SPD) schon von einer schwierigen Finanzierungssituation spricht, dann muss er sich auch mit der Frage beschäftigen, was denn dort mit den Regionalisierungsgeldern so gemacht wird.

Natürlich ist es, aufgrund einer von den Ländern durchgesetzten, sehr weichen Formulierung der Zweckbindung erlaubt, die Anschaffung kommunaler Linienbusse aus Regionalisierungsgeldern zu finanzieren. Es ist aber trotzdem nicht im Sinne des Erfinders. Zur Erinnerung: Die Länder haben dem Gesamtkompromiss der Eisenbahnreform nach Mauerfall und Wiedervereinigung zugestimmt unter der Prämisse, dass ihnen keine weiteren Kosten entstehen.

Also zahlt der Bund Regionalisierungsgelder an die Länder aus, damit diese davon die konsumtiven Kosten für den strukturell defizitären gemeinwirtschaftlichen SPNV ausgleichen können. Das muss man auch in Sachsen bedenken – auch wenn es um die Frage künftiger Verteilungsmechanismen zwischen den Ländern geht. Eventuell gilt es, statt Busse anzuschaffen, doch den Eisenbahnverkehr zu finanzieren. Wobei die Frage nach den Kosten für die Länder ja auch nicht mehr aktuell ist.

Zwar weiß ich durchaus, dass die meisten das nicht hören wollen – und doch muss es immer wieder gesagt werden: 2007 wurden die Regionalisierungsgelder gesenkt. Aber eben – anders als von den Ländervertretern immer wieder suggeriert oder gar fälschlicherweise behauptet – nicht einseitig. Die Länder haben dem zugestimmt. Die Mehreinnahmen aus der Erhöhung der Umsatzsteuer zum 1. Januar 2007 fließen an die Länder. Faktisch hat nur ein Teil des Geldes die Zweckbindung verloren.

Natürlich hat jeder amtierende Landesfinanzminister das Recht, diese nicht mehr zweckgebundenen Gelder für andere Dinge als die Schiene auszugeben. Dann soll aber der Kollege Verkehrsminister nicht beim Bund einen Extranachschlag fordern, weil der Landesfinanzminister die Schiene zwar als Nice-to-have sieht, sich aber noch mehr darüber freut, wenn er das Geld anderweitig verjubeln kann.

In Nordrhein-Westfalen hat sich eine ähnlich ausgestattete Kommission nicht getraut, die Verweigerungshaltung der rot-grünen Landesregierung zu thematisieren. Dabei sind Landesregierungen, die vorgeben, sich für die Schiene einzusetzen, deren Engagement sich aber im Wesentlichen darauf beschränkt, mehr Geld von anderen zu fordern, in ihrer Politik auch nicht sehr unglaubwürdig.

Das ist ein Problem und wird es bleiben: Bei Infrastrukturprogrammen ist seit Jahr und Tag klar, dass die Landesregierungen mit den Eigenmitteln in Höhe X die höhere Gesamtinvestition in Höhe Y auslösen, weil sie dann an die LuFV-Gelder kommen. Derartige Anreize gibt es bei den Regionalisierungsgeldern zukünftig weiter nicht. Das wird viele Landesregierungen in ihrer Politik der folgenlosen Sonntagsreden unterstützen.

Siehe auch: Sachsen: Basisgutachten vorgestellt

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