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Der Strom kommt aus der Steckdose

11.04.16 (Kommentar, Niedersachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

„Unsere Mission, null Emission“ sagen sie bei der Üstra in Hannover. Hach, was ist das herrlich! Wir fahren ab nächster Woche mit Elektrobussen und schon hat sich das Thema Schadstoffausstoß erledigt. Natürlich können wir das nur machen, wenn die Technologie öffentlich gefördert wird – zumindest bis zur Marktreife. Die wird aber irgendwann eintreten.

Das mit der Marktreife von Bussen in elektrischer Traktion ist so ein wenig wie die Erdölkonstante: Wir sind uns sicher, dass in so und so vielen Jahren das Öl alle bzw. die Elektromobilität marktfähig ist. Inzwischen müssen aber feststellen, dass die Realität eine andere ist.

Seit diesem Jahr ist der VDV auf das Pferd Elektromobilität aufgesprungen und um so lustiger ist es, dass gerade das Hausunternehmen des Verbandspräsidenten Jürgen Fenske, die Kölner Verkehrsbetriebe, das ideale Gegenargument geliefert haben: Busse mit Baujahr 2013 verbrauchen etwa 7,5 Prozent mehr Dieselkraftstoff als Busse mit Baujahr 2016. Von Vergleichen der Baujahre 1986, 1996, 2006 und 2016 einmal ganz zu schweigen.

Konventionelle Dieselbusse, die jenseits zusätzlicher, für Elektrobusse zweckgebundener Sondermittel immer noch die erste Wahl der ganzen Branche sind, werden also nicht nur wirtschaftlicher, sie werden auch umweltfreundlicher. Und das ganz ohne zahlreiche Sonderfonds, Fördermittel und Extraprogramme zur Förderung urbaner Busse in elektrischer Traktion.

Denn wenn 7,5 Prozent Kraftstoffeinsparung in drei Jahren durch die „natürlichen“ Ergebnisse der F&E-Abteilungen der am Markt tätigen Hersteller realisiert werden, dann braucht man nicht für viel Geld zehn oder zwölf Prozent Ersparnis durch teure Hybridbusse. Dabei handelt es sich um Geld, das in tatsächlichen Leistungsausweitungen und Qualitätsverbesserungen viel besser aufgehoben wäre. Denn dafür zu sorgen, dass aufgrund eines insgesamt höherwertigen ÖPNV-Angebotes mehr Menschen vom Auto auf den Dieselbus (oder auch die Tram) umsteigen, hat einen viel größeren Nutzen.

Auch wenn es Verkehrsunternehmen wie die Berliner Verkehrsbetriebe gibt, die offen sagen, dass das Potential an Captive Ridern ihnen völlig ausreicht. Alle Reden von Verkehrswende, wir nicht. Zumal der Fahrstrom eben auch nicht einfach so aus der Steckdose kommt. Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass der Strom ausschließlich aus Wind-, Sonnen- und Wasserkraft kommt.

Nur diese teuren Stromerzeugungsarten müssen ja auch von irgendjemandem bezahlt werden, wenn das konventionelle Kohle- oder Gaskraftwerk als Stromquelle nicht mehr ausreicht. Dass man dabei zahlreiche Motorkomponenten nach ein paar Jahren im Betrieb für viel Aufwand auf dem Sonder- und Giftmüll entsorgen muss, kommt erschwerend hinzu.

Es ist an der Zeit, sich von einigen Lebenslügen zu verabschieden. Der Stadtbus in konventioneller Dieseltraktion wird dauerhaft keine marktfähige Konkurrenz durch Elektrobusse kriegen. Also gilt es, sich damit anzufreunden und dafür zu sorgen, dass die Innovationen in diesem Bereich im Interesse des Umweltschutzes und der Wirtschaftlichkeit vorangetrieben werden.

Siehe auch: Üstra Hannover testet Elektrobusse

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