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Treppenwitz der Geschichte

10.03.16 (Kommentar, Niedersachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Mit dem Vorrang für eigenwirtschaftliche Leistungen haben kommunale Monopolunternehmen sich über Jahrzehnte geschützt. Die Gewinne aus überteuerten Abfall-, Strom- und Wassergebühren hat man genutzt, um den formal subventionsfreien ÖPNV zu fahren. Ob man das nun „Steuersparmodell Stadtwerke“ nannte oder schlicht „Querverbundgelder“, in jedem Fall war es die Lebensversicherung der Platzhirsche.

Dass sich das ändert ist erfreulich: Wenn die Deutsche Bahn bzw. deren Tochtergesellschaft DB Regio Bus erst in Pforzheim und jetzt offensichtlich in Hildesheim bessere Konzepte hat als die bisherigen Betreiber, dann ist es im Interesse aller, dass das auch so umgesetzt wird. Natürlich muss eine Genehmigungsbehörde die Kalkulation auf ihre Schlüssigkeit hin prüfen: Lassen sich die Busleistungen wirklich eigenwirtschaftlich fahren? Aber wenn dem so ist, dann muss man diesen Anträgen stattgeben. Das kann für viele kommunale Aufgabenträger der Einstieg in ein besseres ÖPNV-System sein.

Dazu gehört zuerst, dass die Stadt- oder Kreisverwaltung das macht, was eigentlich ihre Aufgabe ist: Nahverkehrspläne schreiben und die Leistung der Betreiber überwachen. In diesem Zusammenhang fällt gelegentlich das Argument, dass man eine eigene Stabstelle zum Zwecke des Controlling einrichten müsse, wenn es keinen „internen Betreiber“ mehr gäbe. Das ist interessant. Denn bereits nach jetzigem Stand des Rechts ist eine Inhouse-Vergabe nur möglich, wenn der Aufgabenträger das Unternehmen steuern kann wie eine eigene Dienststelle. Eine Kommunalverwaltung, die also offen zugibt, dass keinerlei Controlling stattfindet (und vielen kommunalen Aufgabenträgern sind ihre Zuständigkeiten nicht einmal bekannt), die ist eigentlich gar nicht befugt, eine solche Vergabe durchzuführen.

Wobei es durchaus nicht einer gewissen Skurrilität entbehrt, wenn ausgerechnet der Deutschen Bahn vorgeworfen wird, sie würde Arbeitsplätze in den kommunalen Unternehmen zerstören. Das ist der gleiche Quatsch, den andere Gewerkschaften im Zusammenhang mit dem SPNV immer behaupten. Nein, auch DB Regio Bus braucht Personal und zahlt nach gültigen Tarifverträgen mit anerkannten Gewerkschaften. Zumal gerade die Kommunalmonopolisten in den letzten Jahren ihre Sanierungen zum Teil erheblich zu Lasten und auf Kosten der Belegschaft durchgeführt haben. Neue Tarifverträge, zusätzliche Entgeltgruppen, Ausgründungen von Tochtergesellschaften, Inanspruchnahme von Personaldienstleistern oder auch eine Steigerung der Fremdvergabequote.

Nein, die Annahme, dass kommunale Verkehrsunternehmen nur darunter zu leiden hätten, als einzige Akteure im Markt auskömmliche Gehälter zu zahlen ist genauso falsch wie sie es in Bezug auf DB Regio im Eisenbahnwesen ist. Nun mag es ein Treppenwitz der Geschichte sein, dass ausgerechnet die Deutsche Bahn es ist, die im kommunalen ÖPNV marktwirtschaftliche Strukturen bringt, doch was soll es? DB Regio Bus hat die gleichen Ansprüche wie alle anderen. Die Erfolge der Eisenbahnreform gilt es in den kommunalen Sektor zu übertragen und fortzuschreiben.

Siehe auch: Hildesheim: SVHi droht Liquidation

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