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DB Regio: Erschlichene Aufträge?

01.03.16 (Baden-Württemberg) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Zusammenhang mit der laufenden Vergabe in Baden-Württemberg berichtet die Heilbronner Stimme, dass DB Regio bei der Vergabe deutlich unter dem Erstellungspreis kalkuliert haben könnte. Bei der Vergabe der drei Stuttgarter Teilnetze soll man die Werkstattkosten für Wartung und Instandhaltung mit Null Euro kalkuliert haben, um den Preis drücken zu können. Zur Erinnerung: DB Regio hat das günstigste Angebot abgegeben, wurde jedoch aus formalen Gründen ausgeschlossen. Der Preis für das erste halbe Jahr lag 11,5 Prozent über dem für die Folgejahre, dabei hätte er nur 10,0 Prozent darüber liegen dürfen.

So plant der Aufgabenträger, Go-Ahead und Abellio mit der Erbringung der Zugleistungen zu beauftragen. Mit dieser Erkenntnis könnte nun neuer Schwung in die Angelegenheit kommen, denn dann bestünde ein begründeter Verdacht auf Preisdumping. Dies müsse, so die Heilbronner Stimme, auch im Zusammenhang mit dem Netz 5 von Stuttgart bzw. Ulm zum Bodensee betrachtet werden. Dort hat der Aufgabenträger Züge mit Neigetechnik verlangt: Eine Vorgabe, die in dieser Form ausschließlich DB Regio erfüllen kann. Es ist daher ein zumindest mögliches Szenario, dass dort mangels Marktdruck sehr hohe Preise aufgerufen worden sind und ein Teil der kalkulierten Wartungskosten in den Stuttgarter Netzen im Netz 5 „erwirtschaftet“ werden.

Das wäre ein klassischer Fall einer unternehmensinternen Querfinanzierung zwischen zwei Netzen: Das sehr lukrative Netz A, das (bedingt durch die Neigetechnik) faktisch direkt vergeben wurde, refinanziert das nicht auskömmliche Angebot im stark umkämpften Netz B. Wobei es aufgrund der mangelnden Konkurrenz im Neigetechnik-Netz kaum nachvollziehbar sein dürfte, inwieweit der Preis marktgerecht ist oder nicht – zumindest nicht ohne eine umfassende betriebswirtschaftliche Prüfung. Die Kalkulation, wonach die Werkstattkosten bei den Stuttgarter Netzen mit Null Euro zu Buche schlagen, soll auch bei der jüngsten Entscheidung der Vergabekammer eine Rolle gespielt haben. DB Regio hatte sich gegen den Ausschluss des Angebots gewehrt, die Vergabekammer hat jedoch dem Aufgabenträger Recht gegeben.

Als nächstes hat man die Möglichkeit, das Oberlandesgericht Karlsruhe einzuschalten. Die Einspruchsfrist läuft noch. Dies wäre die letzte Instanz. Bei DB Regio teilt man auf Anfrage mit, dass man die Werkstattkosten den Vergabebedingungen entsprechend angegeben hat, Näheres jedoch aufgrund des laufenden Verfahrens nicht kommentieren möchte. Es ist außerdem möglich, dass auch im Vergabeobjekt Gäu-Murr etwas ähnliches passiert sein könnte. Allerdings wäre diese Vergabeentscheidung unter keinen Umständen mehr revidierbar, selbst wenn hier Unterkostenpreise gezahlt würden. Die Bewertung interner Querfinanzierungen bei verschiedenen Netzen bzw. Vergabeobjekten ist politisch umstritten. Der VDV unterstützt diese Möglichkeit und fordert eine rechtliche Grundlage dafür.

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