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Verkehrspolitische Erfolge erzielen

01.02.16 (Kommentar, Österreich, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Letzten Donnerstag ging es an dieser Stelle noch um politischen Misserfolg, um eine zwar beschworene, aber allen realen Zahlen zufolge nicht vorhandene Verkehrswende. Das betrifft den bundesweiten Durchschnitt. Aber dass der Massenverkehr innerhalb einer Metropole durchaus eine andere Bedeutung haben kann, ist nichts neues. Es ist dennoch erstaunlich, was in Wien für verkehrspolitische Erfolge gefeiert werden können. Das gilt auch für einige deutsche Großstädte, allerdings ist der Modal Split etwas, über das die deutsche ÖV-Branche ganz generell nicht gerne reden mag.

Sehr wahrscheinlich, weil es – außerhalb der Großstädte – ein oft eher trauriges Bild abgibt. Doch es ist notwendig, dass man sich im ÖV-Gesamtsystem auf die eigenen Stärken besinnt. Das ist auch der Metropolverkehr. Es muss sich etwas tun in deutschen Großstädten, hier braucht es massive Angebotsoffensiven. Ja, es braucht eine zweite Stammstrecke in München und zwar unabhängig von möglichen weiteren, kleinen Maßnahmen – wie zusätzlicher RE-Halte an S-Bahnstationen oder bessere Umstiegsmöglichkeiten.

Gerade und vor allen Dingen in Berlin ist es notwendig, dass man nicht nur einen angemessenen Verkehr in den Zentralbezirken ermöglicht, sondern auch darüber hinaus. Es kann nicht jeder in Mitte wohnen, aber der ach so tolle ÖPNV in der Bundeshauptstadt ist bei näherem Hinsehen nur zwischen Charlottenburg und Neukölln wirklich gut. Wo bleiben die Anbindungen in die Außenbezirke und auch in die umliegenden Brandenburger Ortschaften? Der Regionalexpress im Halbstundentakt, die verlässlich fahrende S-Bahn und vieles mehr? Somit nimmt man den Druck auch viel besser aus den Wohnungsmärkten als jede Mietpreisbremse es tun könnte.

Gut, das heißt es nicht, dass die Schiene außerhalb von Metropolen keinen Sinn habe. Nicht umsonst veröffentlicht die Allianz pro Schiene regelmäßig ihre Broschüre „Stadt, Land, Schiene“, in dem auf besonders erfolgreiche Reaktivierungsprojekte hingewiesen wird. Die Schiene hat eben auch einen Nutzen beim Verkehr zwischen den Mittelstädten oder etwa aus der Peripherie ins Zentrum. Nichtsdestotrotz muss man sich – gerade im Hinblick auf die Frage der künftigen Verteilung der Regionalisierungsgelder – damit auseinandersetzen, dass in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern das Geld weniger gut angelegt ist als in München, Köln/Bonn oder Berlin. Und auch eine SPNV-Verbindung im Sauerland oder in der Lüneburger Heide ist wichtiger und bringt einen höheren Nutzen als Nebenstrecken mit wenigen hundert Fahrgastfahrten am Tag.

Das ist keine Stärke der Schiene, hier ist der Bus, der in so einem Fall auch öfter fahren kann, deutlich besser geeignet. Auch das ist eine optimale Gestaltung des ÖV-Wesens: Wenn eine Linien mit 500 Fahrgastfahrten in Brandenburg auf Busse umgestellt und dafür eine Linien mit 2.000 Fahrgastfahrten im Ruhrgebiet langfristig abgesichert wird. Wenn man die Gelder auf diese Art und Weise vernünftig verteilt, kann man auf absehbare Zeit vielleicht doch genau die verkehrspolitischen Erfolge erzielen, die es im Moment objektiv nicht gibt.

Siehe auch: Wiener Linien feiern verkehrspolitische Erfolge

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