Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

S-Bahn München: Vergabeplan steht

08.02.16 (München) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) hat als zuständiger Aufgabenträger einen Vergabeplan für das S-Bahnnetz in der bajuwarischen Landeshauptstadt München vorgelegt. Demnach soll es zunächst eine Übergangsvergabe an die Deutsche Bahn geben. Die BEG geht davon aus, dass diese als einziges Unternehmen in der Lage sei, für den Zeitraum von zwei Jahren das Netz zu betreiben, ruft jedoch auch andere potentielle Betreiber dazu auf, sich an der Vergabe zu beteiligen und ihr Interesse kundzutun.

Ab Dezember 2019 will die BEG in einem ersten Münchner S-Bahn-Vertrag die gesamten Verkehrsleistungen zunächst ohne Aufteilung in Lose vergeben. Die Laufzeit soll zwölf Jahre betragen. Inwieweit es Rügen vor der Vergabekammer geben wird, bleibt abzuwarten. Erst bei der zweiten Vergabe ab Dezember 2031 wird es eine Losbildung geben. Der neue Betreiber wird deshalb während der Eröffnung der zweiten Tunnelstrecke im Netz unterwegs sein und muss seine Flotte dann entsprechend ausweiten. Die Zahl der Zugkilometer steigt dann von jetzt zwanzig auf den 26 Millionen im Jahr.

„Wir haben die vergaberechtlichen, planerischen, technischen und wettbewerblichen Rahmenbedingungen einer Vergabe der S-Bahn München angesichts der außerordentlichen Komplexität und Bedeutung dieses Netzes mit Hilfe externer Gutachter eingehend analysiert und uns schließlich für diesen Drei-Stufen-Plan entschieden“, erklärt Johann Niggl, Geschäftsführer der BEG. Ziel sei es zwar grundsätzlich, das Wettbewerbsnetz S-Bahn München auch für Mitbewerber der DB Regio attraktiv zu gestalten, allerdings übersteigt die Verkehrsleistung schon heute, ohne die geplante zweite Stammstrecke, den Umfang aller sonstigen Wettbewerbsnetze im Freistaat.

Die Zugdichte in der heutigen Stammstrecke ist während der Hauptverkehrszeit mit 30 Zügen pro Stunde und Richtung unter den deutschen S-Bahn-Netzen einmalig, zugleich führen auf den Außenästen die zahlreichen eingleisigen Abschnitte und die Beeinflussung durch Güter-, Regional- und Fernverkehrszüge zu außerordentlich komplexen Betriebsabläufen. „Die Betriebsstabilität ist zu jedem Zeitpunkt das oberste Ziel all unserer Planungen“, betont Niggl.

Die Option, das Netz in einzelnen Losen auszuschreiben, um in den nächsten Jahren mehr Wettbewerb zu ermöglichen, hält die BEG vor der Inbetriebnahme der zweite Stammstrecke für nicht praktikabel. Die Risiken für die Betriebsstabilität seien zu hoch. Ob sich die zuständige Vergabekammer dieser Argumentation im Zweifel anschließen wird, bleibt abzuwarten. Kritik kommt vom Fahrgastverband Pro Bahn. „Ein Wettbewerb um die Münchner S-Bahn ist damit auf Jahre hinaus praktisch ausgeschlossen“, so Verbandssprecher Andreas Barth.

Gerade in den letzten Tagen zeige sich die ungünstige Struktur des Modells S-Bahn München: jeden Tag mehrere Störfälle und berechtigte Kritik am Störfallmanagement der DB und ihrer Kundeninformation. „Und dieses nicht gut funktionierende System soll einfach so fortgeschrieben werden? Das kann es doch nicht sein!“ Neben dem Verzicht auf die Losbildung kritisiert man, dass es keinen Fuhrpark im Eigentum des Aufgabenträgers gäbe. Man verweist dabei auf Modelle wie in Niedersachsen, im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, dessen Finanzierungsoption nun auch in Baden-Württemberg angewandt wird oder auf das Lebenszyklusmodell beim Rhein-Ruhr-Express.

In Bayern würden dagegen unklare Optionen auf die Zukunft verkündet, so Barth. Es werde von Erneuerung des Fahrzeugparks gesprochen, ohne eine konkrete Idee, wie das funktionieren solle. Niemand wisse, wie lange die heutigen Triebwagen den belastenden Einsatz im Münchner Netz noch aushielten. Schon heute zeichneten sich Fahrzeugmangel und nicht ausreichende Wartungskapazität ab. Die DB habe in der Vergangenheit nur unzureichend auf diese Defizite reagiert.

Stattdessen, so wörtlich, werde die DB geschont und „dem Konzern auf Jahre gute Einnahmen durch die Cash-Cow S-Bahn München“ abgesichert. Das sei im Interesse der Fahrgäste enttäuschend. Beim Rhein-Ruhr-Express, wo rund 15 Millionen Zugkilometer in drei Losen vergeben worden sind, liefert der Hersteller die Fahrzeuge an den Aufgabenträger und sorgt für die Instandhaltung. Gefahren werden sie dann von zwei verschiedenen Betreibern. Eine solche Form der Organisation kann man sich auch für die Münchener S-Bahn vorstellen, um dafür zu sorgen, dass das System solider und robuster wird als es derzeit der Fall ist.

Siehe auch: Die Richtung stimmt

Kommentare sind geschlossen.