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Ruhe bewahren

15.02.16 (Bayern, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Auf einmal ist die Eisenbahn wieder in aller Munde und diverse Experten – oft auch nur selbsternannt – geben ihren Senf dazu: Wie konnte das passieren? Und ja, die Technik ist ja gerade so strukturiert, dass sie stets „zur sicheren Seite“ ausfällt. Also wenn die Signale nicht funktionieren, dann stehen sie auf Rot. Und falls das Signalbild unklar ist, dann muss der Triebfahrzeugführer den jeweils niedrigsten Signalbegriff annehmen.

Das ist eben nicht wie auf der Straße, wo im Falle einer kaputten Ampel die Verkehrszeichen gelten und falls es keine gibt, ist Rechts vor Links anzunehmen. Auf der Schiene, wo die Züge mehrere hundert Meter Bremsweg haben, braucht man eine andere Sicherung. Und wenn dann etwas passiert, was eigentlich gar nicht passieren kann, dann fragt man sich natürlich, was da passiert ist. Das ist der schlimmste Albtraum, wenn sich zwei Züge entgegenkommen. Nur die Art und Weise, wie hier in der Öffentlichkeit diskutiert wird, die geht gar nicht.

In der ARD hat man genüsslich darauf herum geritten, dass der Meridian ja zu Transdev gehört und nicht zur „Bundesbahn“. Sind ausländische Konzerne eine Gefahr für die deutsche Eisenbahn? Auch wenn man sich in so einer Sendung hinterher darauf einigt, dass das mitnichten so ist, ist die Tendenz einer solchen Berichterstattung klar und deutlich. Natürlich kann es sein, dass ein komplett überforderter Triebfahrzeugführer einfach das rote Signal überfahren hat, aber selbst das hätte der Fahrdienstleiter merken und Kontakt aufnehmen müssen, bevor es zum Unfall kommt. Überhaupt sollten sich einige Leute zurückhalten, denn die Ermittlungsarbeiten obliegen den Justizbehörden bzw. auch dem Eisenbahnbundesamt.

Noch am Abend des Unfalls tauchte im Internet ein Bericht auf, in dem Karl-Dieter Bodack (der mit dem InterRegio) sowieso wieder alles besser wusste: Es kann nur eine kriminelle Handlung gewesen sein. Alles andere ist kategorisch ausgeschlossen. Klar, wenn man niemanden seriöses findet, der an so einem Abend was sagen möchte, dann fragt man eben Karl-Dieter Bodack, der sich vermutlich sicher sein dürfte, dass das bei einer neuen Behördenbahn (mit InterRegio-Netz) nicht passiert wäre. Allen ernstes: Es kann nicht sein, dass hier auf Teufel komm raus spekuliert wird. Nach dem Unfall von Hordorf vor gut fünf Jahren war sofort bekannt, dass die Strecke nicht technisch gesichert war. Hier war sie das aber sehr wohl, so dass in jedem Fall eine Zwangsbremsung hätte ausgelöst werden müssen.

Gut, die Zugsicherung ist zunächst immer und ohne Ausnahme auf Fahrlässigkeit ausgelegt. Grundsätzlich gesagt: Man kann mit einem Zug Amok fahren. Es ist möglich, sich aus jeder Überwachung „freizudrücken“. Die Taste heißt tatsächlich auch PZB-frei und ist notwendig. Denn wenn die Zugsicherung defekt ist, muss man mit schriftlichen Befehlen den Betrieb aufrecht halten. Somit soll gewährleistet werden, dass auch dann ein Unfall wie jetzt in Bayern nicht passieren kann. Umso wichtiger ist es, jetzt Ruhe zu bewahren und die Ermittlungen nicht schnell, sondern gründlich zu führen. Auch, um die Eisenbahn für die Zukunft noch sicherer zu machen.

Siehe auch: Nach dem Zugunfall des Meridian

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