NWL rückt von Direktvergabeplänen ab
29.02.16 (Fernverkehr, NWL) Autor:Stefan Hennigfeld
Vor Weihnachten kündigte der Aufgabenträger Nahverkehr Westfalen-Lippe an, dass man die Linie RE 16 nicht mehr mit dem Ruhr-Sieg-Netz vergeben möchte, sondern – zumindest in Teilen des jetzigen Verkehrsangebotes – eine Direktvergabe an die Deutsche Bahn plant. Hintergrund ist das neue SPFV-Konzept, das der Konzern vorgestellt hat. Demnach will man möglichst viele RE-Leistungen in den Fernverkehr integrieren, wenn die Aufgabenträger im Gegenzug den SPNV abbestellen bzw. den Leistungsumfang senken.
Zur Anerkennung von Fahrscheinen des Nahverkehrs sollen „Tarifausgleiche“ gezahlt werden, die den Charakter von Bestellerentgelten haben. Für die Strecke zwischen Hagen und Siegen wollte der NWL die Linie RE 16 nur noch im Zweistundentakt ausschreiben und ansonsten einen InterCity fahren lassen. Von diesen Plänen ist man nun abgerückt. Hintergrund war sowohl die Aussicht, dass der bisherige Betreiber Abellio Rail NRW vor Gericht ziehen könnte als auch die Tatsache, dass man beim benachbarten VRR nicht bereit war, sich an diesem Konzept zu beteiligen.
Zum einen läge in diesem Fall ein Vergaberechtsverstoß vor, da im Eisenbahnwesen seit dem Abellio-Urteil klargestellt ist, dass Direktvergaben nicht erlaubt sind. Zum anderen gibt es auch verfassungsrechtliche Probleme, da nach Artikel 87e des Grundgesetzes der Bund für die Fernverkehrsleistungen zuständig ist und nicht die Länder. Wenn es also auf Bundesebene Bestrebungen gibt, Fernverkehrsleistungen zu bestellen, dann unterliegen die dem Vergaberecht. Die Länder sind jedoch nicht befugt, SPFV-Leistungen zu bestellen, auch nicht wenn sie dabei das Vergaberecht einhalten.
Bei gemeinwirtschaftlichen Fernverkehrsleistungen müsste sich zudem die Frage stellen, ob dieser Fernverkehr zwingend auf der Schiene stattfinden müsste oder ob zur Wahrung gemeinwirtschaftlicher Interessen nicht bereits ein deutlich wirtschaftlicherer Fernbus ausreicht. Mit dieser abstrakten Fragestellung hat man sich jedoch noch nie ernsthaft beschäftigt. Für die konkrete Situation, dass der RE 16 ausgedünnt worden wäre und man auf einen InterCity gehofft hätte, wäre die Falle bereits gestellt: Wenn so ein InterCity nach einigen Jahren dann unwirtschaftlich wird und leider eingestellt werden muss, müssen die Aufgabenträger kurzfristig und daher vermutlich sehr teuer Ersatzleistungen bestellen – oder es fließt doch Geld an DB Fernverkehr.
Solch eine „Takt-integration“ ist auf der Strecke zwischen Hamm und Paderborn geplant. Wo die Linie RE 11 demnächst im Zweistundentakt verkehrt, soll in der jeweils anderen Stunde ein InterCity fahren. Ob dieser Zug jedoch langfristig so fährt, bleibt abzuwarten. Für den Fall, dass dort jedoch Geld vom NWL an DB Fernverkehr fließt, ist eine Klage anderer Betreiber ebenfalls sehr wahrscheinlich. Allerdings sind Vertreter des DB-Konzerns seit einiger Zeit verstärkt auf kommunalpolitischer Ebene unterwegs und stellen Bürgermeistern und Landräten „InterCity“-Züge für ihre Orte in Aussicht.