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Mehr Verkehr auf die Schiene

29.02.16 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Im 23. Jahr der Eisenbahnreform sind sicherlich viele Dinge passiert und Entwicklungen eingetreten, die man bei den politischen Beschlüssen kurz nach Mauerfall und deutscher Einheit kaum alle vorhersehen konnte. Das Eisenbahnwesen hat sich insgesamt stark gewandelt: Es war mehr als der Wechsel einer Rechtsform, weg von der Bundesbahn hin zur Bundes-Bahn AG. Heute ist der Verkehrsträger Schiene etwas völlig anderes als er es in der alten Bonner Republik war. Das primäre Ziel war und ist jedoch, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen.

Und da Geld damals wie heute endlich ist, kann man jeden vorhandenen Euro nur einmal ausgeben. Wenn der VRR mit seinem Lebenszyklusmodell nicht nur im Vergleich zum Status Quo, sondern auch im Vergleich zum eigenen Erwartungshorizont viel Geld spart, dann kann man das anderweitig nutzen. So werden auf dreißig Jahre insgesamt rund 450 Millionen Euro gespart. Das sind 15 Millionen Euro im Jahr. Davon kann man jedes Jahr etwa drei Millionen Zugkilometer bestellen. Das entspricht etwa den Leistungsvolumina im Elektronetz Niederrhein, welches im Dezember 2016 startet, und auf der S 7 im Bergischen Land zusammengerechnet.

Leistungen, die aus gesparten Geldern finanziert werden können. Alternativ lässt sich damit auch die Sicherheit erhöhen: Mehr und besser ausgebildete Wachleute oder auch mehr Videoüberwachung zur Beweissicherung und der Überführung von Tätern. Was viele, die die Art der Vergabe bis heute kritisieren, nicht hören wollen, ist doch Folgendes: Je mehr Verkehr auf der Schiene stattfindet, desto besser ist das für die Eisenbahn als Verkehrsträger. Es nutzt auch den Eisenbahnern. Denn mit jeder zusätzlichen Fahrt wird die Grundlage für Arbeit und Beschäftigung ausgebaut.

Zur Erinnerung: Nach der später gescheiterten Direktvergabe zugunsten von DB Regio Ende der Nullerjahre gab es regelmäßig Abbestellungen und Leistungskürzungen. Mit jedem Fahrplanwechsel im Dezember und zum Schluss zusätzlich stets im Juni wurden Leistungen gekürzt, weil das Geld nicht mehr vorhanden war. Das ist nicht die Art und Weise wie man Beschäftigte schützt. Deshalb ist der jetzt eingeschlagene Weg, zusätzliche Eisenbahnleistungen zumindest zum Teil mit Ausschreibungsersparnissen zu finanzieren, der richtige. Es mag sein, dass bei einigen Leuten noch immer viel Überzeugungsarbeit notwendig ist und dass andere aus einer irrationalen Bundesbahn-Wehmut heraus sich alte Zeiten zurückwünschen.

Doch selbst wenn man der Bundesbahn die Regionalisierungsgelder von heute nicht „verweigert“ hätte, wie hätte das ausgesehen? Ein Monopolist bekommt Geld und kann das ohne jede Form von Marktdruck vereinnahmen. Die Ausschreibungsersparnisse und die damit verbundenen Qualitätsverbesserungen und Leistungsausweitungen hätte es ohne eine Liberalisierung des Eisenbahnmarktes nicht geben können. Auch die Trennung von Be- und Ersteller verhindert unüberbrückbare Interessenkonflikte unter einem Dach. Die VRR-Politik der letzten Jahre ist somit ein gelebter Erfolg der Eisenbahnreform und bringt tatsächlich wie viel gewünscht „mehr Verkehr auf die Schiene“.

Siehe auch: VRR zieht Jahresbilanz

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