Defekte Zugtoilette: Kein Schmerzensgeld
25.02.16 (Allgemein, Rheinland-Pfalz) Autor:Stefan Hennigfeld
Wenn in einem Regionalzug die Toilette defekt ist, steht Fahrgästen kein Schmerzensgeld zu. Auch dann nicht, wenn nicht bereits vor dem Fahrtantritt darauf hingewiesen worden ist. Selbst fortdauernder Harndrang und anschließende unkontrollierte Blasenentleerung sind kein ausreichender Grund. Das Landgericht Trier urteilte in einem inzwischen rechtskräftigen Urteil, dass die Geschädigte diese Folgen mitverursacht hat – indem sie in den Zug einstieg.
Unter bestimmten Umständen kann es Reisenden zugemutet werden, den Zug zu verlassen und die Reise nach einem Toilettengang mit der nachfolgenden Bahn fortzusetzen. Im vorliegenden Streitfall wurde deshalb die Klage einer Kundin gegen die Deutsche Bahn auf eine Zahlung eines Schmerzensgeldes abgewiesen. Die Klägerin reiste am 5. Oktober 2014 mit Zügen von DB Regio von Düsseldorf nach Trier. Nach verspäteter Ankunft am Umsteigebahnhof Koblenz nutzte sie anstelle des nicht mehr erreichten Regionalexpress die um 16.40 Uhr abfahrende Regionalbahn.
Die im Zug befindliche Toilette war defekt. Die Klägerin sah sich gezwungen, ihren bereits bei Antritt der Fahrt bemerkten Harndrang während der gesamten Reisezeit von knapp zwei Stunden zu unterdrücken. Von der in Erwägung gezogenen Möglichkeit, den Zug an einer der insgesamt 30 Haltestellen zu verlassen, machte sie keinen Gebrauch. Nach dem Verlassen des Zuges in Trier war sie schließlich nicht mehr in der Lage, rechtzeitig eine Toilette aufzusuchen, weshalb sich ihre Blase unkontrolliert auf dem Bahnsteig entleerte.
Die Bahnfahrerin hat 400 Euro Schmerzensgeld beansprucht, wobei das Amtsgericht Trier ihr 200 Euro zugebilligt hat. Beide Parteien legten Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Die zuständige Kammer hat die Klage nunmehr abgewiesen. Dabei hat sie die Frage, ob sich aus dem der Beförderung zugrunde liegenden Vertrag oder aus sonstigen Vorschriften eine allgemeine Verpflichtung der Bahn ergibt, ihren Kunden in Regionalbahnen durchgängig eine funktionsfähige Toilette zur Verfügung zu stellen, ausdrücklich offen gelassen.
Im konkreten Fall habe eine Verpflichtung der Bahn nahe gelegen, die Reisenden vor dem Einstieg auf diesen Umstand hinzuweisen. Ein derartiger Pflichtverstoß begründe jedoch nicht als solches einen Schmerzensgeldanspruch. Es müsse vielmehr in jedem Einzelfall abgewogen werden, ob bei Berücksichtigung der besonderen Umstände eine solche Entschädigung zum Ausgleich für erlittenen Schmerzen und Leiden angemessen sei. Hier sei auch das eigenverantwortliche Handeln der Klägerin von besonderer Bedeutung.
Sie habe sich trotz bemerkten Harndrangs, der Dauer der bevorstehenden Fahrt und der nicht ganz unwahrscheinlichen Möglichkeit einer defekten öffentlichen Toilette bei Abfahrt nicht nach einer funktionsfähigen Toilette erkundigt. Sie habe sich aber vor allem dafür entschieden, die Fahrt fortzusetzen und die letztlich eingetretenen Folgen zu riskieren, statt unterwegs eine Bahnhofstoilette zu benutzen.