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VDV: Zehn Milliarden Fahrgastfahrten 2015

28.01.16 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wie der VDV auf seiner gestern in Berlin stattgefundenen Jahrespressekonferenz bekannt gab, gab es im abgelaufenen Jahr erstmals über zehn Milliarden Fahrgastfahrten. Die magische Grenze, an der schon seit einigen Jahren gekratzt wurde, ist damit überschritten. Das sind 0,5 Prozent mehr als im Vorjahr und zum 18. mal in Folge (seit 1997) eine Steigerung. Allerdings: In diesem Zeitraum blieb der Anteil öffentlicher Verkehrsmittel am Gesamtverkehrsaufkommen konstant gering. Der ÖPNV schafft es jedoch, mit diesem mitzuwachsen. Eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene und vom eigenen Auto auf die Öffis findet nicht statt. Trotzdem ist man beim VDV zufrieden.

Verbandspräsident Jürgen Fenske: „Was sich bereits nach dem ersten Halbjahr 2015 andeutete hat sich nun bestätigt: Wir haben die Zehn-Milliarden-Grenze trotz des Lokführerstreiks im Frühjahr, des niedrigen Spritpreises und eines vergleichsweise warmen Winters überschritten. Der deutsche ÖPNV ist und bleibt das Rückgrat für eine umfassende Mobilität aller Bevölkerungsgruppen in diesem Land. Wir bieten immer mehr Kunden attraktive und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Angebote zu angemessenen Preisen.“

Die Markteinnahmen stiegen auf 11,7 Milliarden Euro um 3,5 Prozent. Neben dem höheren Fahrgastaufkommen schlagen hier auch die Fahrpreiserhöhungen durch. Der Kostendeckungsgrad sank um 0,5 Prozentpunkte auf 76,6 Prozent. Jürgen Fenske: „Mit diesem Kostendeckungsgrad liegen wir noch immer an der Spitze im europäischen Vergleich der ÖPNV-Systeme. Von unseren Erträgen müssen wir aber inzwischen wesentlich mehr Geld in die Erneuerung der Fahrzeuge und der Infrastrukturen investieren. Das liegt am wachsenden Sanierungsstau im deutschen ÖPNV und an der angespannten Haushaltslage vieler Kommunen, die einfach weniger Spielräume für Verkehrsinvestitionen haben als noch vor einigen Jahren.“

Den Sanierungsstau im kommunalen ÖPNV beziffert er mit aktuell vier Milliarden Euro. Besonders problematisch ist dabei der ländliche Raum. Während der ÖPNV in Metropolregionen und Großstädten weiterhin funktioniert, schlägt die demographische Entwicklung in der Fläche bereits heute zu. Die Schülerzahlen sinken, arbeitsfähige Menschen ziehen weg, zurück bleiben oft die alten Leute, die jedoch in vielen Fällen auch kein Auto haben. Und das obwohl der klassische Bus, so Jürgen Fenske, in den meisten Fällen das ideale Verkehrsmittel sei: Flexibel und überall einsetzbar sowie in Anschaffung und Betriebskosten verhältnismäßig günstig.

Deshalb war er auch das meistgenutzte Verkehrsmittel 2015: 4,2 Milliarden Fahrgastfahrten mit dem Bus, 3,8 Milliarden auf der kommunalen Schiene und 2,0 Milliarden im SPNV. Geringe Dieselpreise machen den Bus darüber hinaus im Moment besonders wirtschaftlich. Darüber hinaus sinkt der Bedarf für Dieselkraftstoff mit fortschreitender Technologie auch immer weiter. Das weiß Jürgen Fenske aus seinem eigenen beruflichen Umfeld. Jüngst schafften die Kölner Verkehrsbetriebe, deren Vorstandsvorsitzender er im Hauptberuf ist, neue Dieselbusse an, deren Kraftstoffbedarf mit 49 Liter auf 100 Kilometer angegeben wurden. Zum Vergleich: Fahrzeuge mit Baujahr 2013 haben bei der KVB noch knapp 53 Liter Kraffstoffbedarf auf 100 Kilometern.

Dennoch ist das politische Ziel, Elektromobilität auch im Stadtbusverkehr zu fördern und voranzutreiben. Mit jährlich 30 Millionen Euro über vier Jahre könnten bis zum Jahr 2020 bundesweit zahlreiche weitere Elektrobusse angeschafft und eingesetzt werden. „Mit einem Gesamtfördervolumen von 120 Millionen Euro über vier Jahre lägen wir weit unter den Summen, die zum Beispiel bei der Förderung des E-PKW diskutiert werden. Elektrobusse können zukünftig neben dem heute schon ausgereiften und hochentwickelten Dieselbus maßgeblich zur weiteren Schadstoffentlastung in den Städten und Ballungsräumen beitragen“, so Fenske.

Neben öffentlichen Zuwendungen benötige es dafür in Deutschland auch mehr Marktdurchdringung deutscher Hersteller in diesem Bereich. Zwar werden zahlreiche Komponenten bereits heute von deutschen Zulieferern hergestellt, die Busse selbst stammen jedoch meistens aus anderen Ländern. Es sei, so heißt es beim VDV, politische Aufgabe, mit entsprechenden Steuerungsmaßnahmen dafür zu sorgen, dass auch in Deutschland mehr unternehmerisches Engagement entstehe. Ob Elektrobusse angesichts der fortschreitenden Dieseltechnologie überhaupt jemals marktfähig sein werden, lässt sich aktuell kaum bewerten.

Siehe auch: Anspruch und Realität

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