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Neue Debatte über Fernbusmaut

11.01.16 (Fernverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der ersten Woche des neuen Jahres gab es erneut eine umfassende Debatte über eine mögliche Mautpflicht für Fernbusse auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen, also in all den Situationen, in denen auch die ähnlich schweren Lastwagen zahlen müssen. Den Stein des Anstoßes gab der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei), der bereits bei der Debatte um die künftige Verteilung der Regionalisierungsgelder sehr meinungsfreudig aufgetreten ist.

Seine Idee: Das Mautaufkommen des Fernbusses soll zweckgebunden für die Schiene genutzt werden. Das könnten zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur sein, aber auch zur Bestellung von Zugleistungen, also typischer konsumtiver Ausgaben. Hintergrund ist, dass im Freistaat Thüringen bei korrekter Anwendung des Kieler Schlüssels unter den von der Bundesregierung vorgesehenen Gesamtsummen in den kommenden Jahren deutlich weniger Geld für die Bestellung des SPNV zur Verfügung stehen könnte. Hier sucht man nun gerade in Ost- und Mitteldeutschland nach alternativen Geldquellen, die die Landeshaushalte nicht belasten.

Den Fernbus zu bemauten hält man bei der Jungen Union in Thüringen jedoch für falsch und nennt ihn eine „Mobilitätsbremse für Jugendliche.“ Stefan Gruhner, Landesvorsitzender der Jungen Union und Landtagsabgeordneter: „Gerade für junge Menschen ist Mobilität wichtig und bedeutet ein Stück Freiheit. Die Fernbusse sind eine kostengünstige Alternative zu teuereren anderen Verkehrsmitteln und sogar noch ökologisch sinnvoll. Eine Maut würde bewirken, dass die Kosten für junge Reisende unnötig in die Höhe getrieben werden.“

Indirekt wirft er Ramelow einen mangelnden Bezug zur Lebensrealität von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor: „Wer ein gutes Einkommen oder sogar einen eigenen Dienstwagen mit Fahrer zur Verfügung hat, kann leicht über Mehrbelastungen bei Fernbussen schwadronieren. Aber gerade für Schüler, Auszubildende und Studenten muss es möglich sein, zu vertretbaren Kosten deutschlandweit mobil zu sein.“

Die Allianz pro Schiene nahm die aktuelle Situation zum Anlass, um ihre seit längerer Zeit bestehende Forderung zu erneuern. Zwar lehnt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eine Mauptflicht ab, jedoch hält Verbandsgeschäftsführer Dirk Flege dieses Vorgehen für falsch: „Der Bundesverkehrsminister hat keinerlei Argumente vorgetragen, die gegen eine Fernbusmaut sprechen.“ Er verweist dabei auf die Trassenpreise im Eisenbahnverkehr. ie niedrigen Preise, die Millionen von Fahrgästen in die Busse gelockt haben, waren von der Politik zunächst als Starthilfe für die junge Branche gerechtfertigt worden. Diese Begründung hat inzwischen auch die letzte Plausibilität verloren“, sagte Flege und verwies auf die „Marktanalyse des Fernbuslinienverkehrs 2015“, die das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums Anfang der Woche veröffentlicht hatte.

„Dass der Fernbus nicht nur den Fernzug, sondern inzwischen auch immer mehr den staatlich finanzierten Schienennahverkehr kannibalisiert, kann der Bundesverkehrsminister nun in einer Publikation seines eigenen Hauses nachlesen.“ Der Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen (LBO) unterstützt jedoch die Politik der Bundesregierung und verweist darauf, dass eine solche Mautpflicht auch Reisebusse außerhalb des Linienverkehrs und im ländlichen Raum sogar Schulbusse betreffen würde. Verbandspräsident Heino Brodschelm: „Die Mautpflicht für Busse wäre unfair, umweltschädlich und unsozial.“

Er bezieht sich auf das aktuelle Gutachten der Bundesmonopolkommission zum Eisenbahnwesen. So seien die Fernbusse eigenwirtschaftlich und refinanzieren sich komplett am Markt. In den Schienenverkehr fließen regelmäßig fast fünfzig Pzoent der Haushaltsmittel des Bundesverkehrsministeriums, obwohl der Schienenverkehr lediglich 17 Prozent des Güterverkehrs und weniger als zehn Prozent des Personenverkehrs abwickelt. Von einer Benachteiligung des Schienenverkehrs gegenüber dem Bus könne daher keine Rede sein. Aktuell sieht es daher trotz der immer wieder geführten Debatte so aus, als habe die Einführung einer Busmaut keine hohen Chancen. Das ist jedoch nur Stand der Dinge in der laufenden Legislaturperiode. Im Herbst kommenden Jahres stehen erneut Bundestagswahlen an. Ganz gleich, welche Mehrheiten es dann im Bundestag gibt, kann eine neue Koalitionsvereinbarung zwischen wem auch immer in dieser Sache andere Beschlüsse fassen.

Siehe auch: Neues Jahr, altes Leid

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