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Bahnbranche will Asylberechtigte einstellen

21.01.16 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Einige Eisenbahnunternehmen sowie verschiedene Sozialpartner der Branche haben gemeinsam mit der Allianz pro Schiene, der VDV sowie der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft eine Qualifikationsoffensive für Asylberechtigte ins Leben gerufen. Ziel ist es, geeigneten Personen, die idealerweise bereits vor den Kriegen in ihren Heimatländern ähnliche Berufe hatten, eine Perspektive im Arbeitsleben zu vermitteln.

Bereits seit Jahren ist es im Eisenbahnwesen üblich, dass Quereinsteiger nach entsprechenden Zusatz- oder Weiterbildungskursen eingestellt werden. Dabei kommen die Leute oft aus ganz unterschiedlichen Bereichen: Ob vom Berufsförderungswerk der Bundeswehr oder von Sozialleistungsträgern, von Transfergesellschaften aus benachbarten Unternehmen (z.B. Opel im Ruhrgebiet) oder aus anderen technischen Berufen.

Nun sollen auch Asylberechtigte in die Branche kommen. Durch den Aufbau eines gemeinsamen Netzwerks sollen entsprechende Chancen schneller erkannt und Synergien effektiver genutzt werden können. Bei der Stiftung Bahnsozialwerk (BSW) wurde deshalb eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die laufende Aktivitäten der Projektpartner unterstützen soll. Über das Portal Schienenjobs.de sollen Stellenanzeigen zukünftig in den Muttersprachen der meisten Asylberechtigen erscheinen, was die Job- und Ausbildungssuche noch einmal vereinfachen soll.

Für junge Erwachsene gibt es zudem die Möglichkeit regulärer Berufsausbildungen oder die Teilnahme an Programmen wie Chance Plus. Damit versucht die Deutsche Bahn bereits seit über zehn Jahren Jugendliche und junge Erwachsene ins Arbeitsleben heranzuführen, die für eine reguläre Berufsausbildung aus unterschiedlichen Gründen (noch) nicht geeignet sind. Nach dem erfolgreichen Durchlaufen des einjährigen Programmes erhalten die Teilnehmer entweder einen Ausbildungsplatz oder eine Beschäftigung, für die keine spezifische Berufsqualifikation notwendig ist.

Die Projektteilnehmer wollen dabei möglichst vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten anbieten. Integration habe zahlreiche Facetten, hieß es. Dazu gehöre nicht nur ein Arbeitsplatz, auch sprachliche Förderung und soziale Integration seien Aspekte, derer man sich, im Rahmen vorhandener Möglichkeiten, annehmen wolle. Nur gesamthaft könne eine nachhaltige Integration gelingen. Auf regionaler Ebene gibt es entsprechende Programme schon seit längerer Zeit. So hat die Deutsche Bahn in Bayern bereits im November eine erste Gruppe mit zunächst 15 berufserfahrenen Asylberechtigten gestartet, die eine Umschulung zum Elektroniker für Betriebstechnik machen.

Die Qualifizierung beginnt mit viermonatigen Sprachkursen für Anfänger und Fortgeschrittene. Das erste Programm wurde mit Teilnehmern aus acht Ländern gestartet, darunter Nigeria, Eritrea, dem Kongo, dem Iran, Algerien, Somalia, Syrien und Tunesien. Die Teilnehmer brachten allesamt Berufserfahrung im elektrotechnischen Bereich aus ihrem Heimatland mit. Einige waren zum Beginn erst seit kurzer Zeit in Deutschland, andere bereits mehrere Jahre, so dass das sprachliche Niveau unterschiedlich gut war.

Das gemeinsame Ziel ist, die Deutschkenntnisse auf das Niveau B2 zu heben, was etwa 800 Unterrichtsstunden entspricht. Die Beschreibung des Sprachniveaus B2 lautet: „Kann die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen; versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. Kann sich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist. Kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken, einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben.“

Somit soll ein geregeltes Berufsleben mit deutschsprachigen Kollegen ohne weiteres möglich sein. Auch der Alltag wird dann wesentlich erleichtert, da es im gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik dann kaum noch nennenswerte sprachliche Probleme gibt. Das erklärte Ziel ist es, zumindest bei der Deutschen Bahn, dass die Teilnehmer solcher Programme nach Sprach- und Ausbildungskursen einen sozialversicherungspflichtigen, unbefristeten Arbeitsvertrag kriegen und dabei nach den üblichen Tarifverträgen im Konzern bezahlt werden. Zudem soll es aufgrund des hohen Personalbedarfs regelmäßig Eingliederungen, auch von Asylberechtigten, geben.

Siehe auch: Wir schaffen das – es wird konkret

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