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Alle sind zufrieden

07.01.16 (Berlin, Brandenburg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Nun haben also alle ihren Willen gekriegt: Die S-Bahnvergabe wurde künstlich so dermaßen verkompliziert, dass mit Ausnahme des Wunschbetreibers Deutschen Bahn sämtliche Bieter vergrault worden sind, diese wird gutes Geld mit der S-Bahn verdienen und in der früheren DDR-Hauptstadt braucht sich niemand über eine vermeintliche „Privatisierung“ der S-Bahn zu echauffieren. Dabei bleibt es ganz sicher nicht bei den Kosten für die neuen Fahrzeuge, sondern als nächstes müssen die Züge in, die jetzt auf dem Netz fahren und die im ersten Halbjahr 2018 (also in zwei Jahren, die Zeit rennt) ihre Zulassung verlieren auf den neuesten Stand gebracht werden.

Eine „Vereinbarung“ mit dem Eisenbahnbundesamt, wie sie der inzwischen in den Ruhestand getretene frühere VBB-Geschäftsführer Hans-Werner Franz im Oktober 2012 hier im Eisenbahnjournal Zughalt.de ins Gespräch gebracht hat, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geben. Und bereits im letzten Jahr hat die Deutsche Bahn medial vorgebaut, um hohe Kosten zu rechtfertigen: Die Mitarbeiter, die man dazu braucht, muss man von DB Jobservice für viel Geld anwerben lassen. Eine ganze Reihe an Stellen lässt sich auch nicht über den konzerninternen Arbeitsmarkt besetzen. Der „Interimsvertrag 1“, wie es offiziell heißt ist nämlich noch gar nicht abgeschlossen.

Die Rede ist davon, dass sich das Land Berlin mit 137 Millionen Euro beteiligen soll, aber die Verhandlungen, so die offizielle Sprachregelung, laufen noch. Die hier tatsächlich entstehenden Kosten sind daher noch immer nicht übersehbar. Zumal die S-Bahn Berlin GmbH mit sehr kurzen Abschreibungszeiträumen argumentieren wird, wenn einige Jahre später schon die neuen Fahrzeuge kommen. Um so grotesker ist, dass es bei der Senatsverwaltung noch vor ein paar Jahren hieß, der Aufbau eines landeseigenen Fuhrparks sei zu teuer und zu risikobehaftet. Ach? Aber wenn man die „Ertüchtigung“ von Zügen im Eigentum der DB finanziert, ist das etwas anderes?

Ganz zu schweigen davon, dass dieses ganze Theater ja nur deshalb notwendig geworden ist, weil der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) vor den Wahlen 2011 seine Ruhe haben wollte. Hätte man bereits damals eine (wie auch immer geartete) Vergabe auf den Weg gebracht, wäre es problemlos möglich gewesen, im Dezember 2017 ohne irgendwelche Übergangsverträge mit neuen Fahrzeugen zu starten. Hier wurde ein Problem vorsätzlich verschoben, das jetzt wie ein Bumerang zurückgekommen ist.

Dabei gibt es noch keinerlei Informationen über das durch den Aufgabenträger erfolgende Qualitätscontrolling im täglichen Betrieb. Doch das ist besonders wichtig: Wie ist dieser Verkehrsvertrag ausgestaltet? Wie viel ökonomischen Druck kann der VBB als Aufgabenträger ausüben, wenn es zu Schlechtleistungen aller Art kommt. Denn bereits in der Vergangenheit hat die S-Bahn Berlin GmbH durch alles mögliche geglänzt, nicht jedoch durch Qualität und Zuverlässigkeit. Aber wie das im Eisenbahnwesen halt oft der Fall ist, ist der Nutzer, also der Fahrgast, am Ende der Kette derjenige, für den sich niemand interessiert.

Siehe auch: S-Bahn Berlin: Neue Aufträge vergeben

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