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Verkehrswende in den Köpfen

03.12.15 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Industrie stößt weniger Schadstoff aus, Wohn- und Gewerbeimmobilien werden gedämmt oder anderweitig energieeffizienter gemacht und man merkt insgesamt, dass die Energiewende in vollem Gange ist. Schalten Sie den Fernseher nachts aus, lassen Sie ihn nicht auf Standby. Auch wenn es bequem sein mag, das Gerät mit der Fernbedienung vom Sofa aus einzuschalten. Am besten man entscheidet sich für Steckerleisten mit Ein- und Ausschaltfunktion. Strom sparen heißt das Zauberwort. Schalten Sie die Beleuchtung aus, wenn Sie die Wohnung verlassen und in Zimmern, in denen Sie sich nicht aufhalten ebenso. Die Zeiten, dass riesige Lampenapparate mit zwanzig Glühbirnen in deutschen Wohnzimmern hingen, die sind lange vorbei. Heute hat man deutlich wirtschaftlichere Beleuchtungsformen. Ein Umdenken findet statt.

Nur im Verkehrsbereich sieht die Sache anders aus. Zwar ist die Technik auch hier nicht stehen geblieben und Fahrzeuge können immer wirtschaftlicher werden, doch gerade im PKW-Bereich passiert das meistens auf Kosten höherer PS-Werte. Autos werden immer größer, immer schneller und der Nutzen, der durch mehr Effizienz entstanden ist, wird für mehr Pferdchen unter der Haube genutzt. Genau hier muss zuallererst das Umdenken stattfinden. Autos müssen wirtschaftlicher werden und es hat nichts mit steigender Lebensqualität zu tun, wenn ein Polo von heute soviel Motorkraft hat wie ein Passat von vor dreißig Jahren. Es muss auch nicht jeder mit einem SUV durch die Straße fahren, nur um eine bessere Übersicht über den Straßenverkehr zu haben. Und ja, so manche Fahrt lässt sich auch mit dem ÖPNV absolvieren. Zur Energiewende gehört auch eine Verkehrswende, aber die definiert sich nicht nur über wirtschaftlichere Autos (also die dringend notwendige Trendumkehr), sondern über mehr ÖPNV und insgesamt weniger Verkehr.

Wie kann es sein, dass die LKW-Maut nach einem mehrjährigen Moratorium gesenkt wurde? Wieso ist selbst die Autobahnmaut (wenn auch zunächst nur für nicht in Deutschland zugelassene Fahrzeuge) eine Flatrate? Verkehrsraum und -fläche sind knappe Güter und entsprechend braucht es mehr Auslastungssteuerung auch mit dem Ziel, das Verkehrsaufkommen zu senken. Wenn Ihnen das unrealistisch erschienen mag, okay. Aber es muss zumindest das Verkehrswachstum gedämpft werden. Und dann braucht es ÖV-Konzepte, die den Namen verdienen. Integrale Taktverkehre setzen der beständigen Verfügbarkeit des (eigenen) Autos etwas entgegen.

Dazu gehört aber auch, dass nicht jeder Dorfschulze seinen Busstern nach Belieben planen darf ohne dabei Rücksicht auf den Eisenbahnverkehr an seinem Bahnhof zu nehmen. In der Tagesrandlage gilt das umso mehr. Wenn die ÖV-Lobby anlässlich der Weltklimakonferenz mal wieder das große Lamento über tatsächliche oder vermeintliche Untersubventionierung anstimmt, dann muss man sich Gedanken um all die Dinge machen, die mit der Mentalität in der Branche zu tun haben. Es braucht mehr Fahrgastorientierung im praktischen Betriebsalltag. Und es braucht vor allem eine Verkehrswende in den Köpfen.

Siehe auch: Verkehrswende zur Weltklimakonferenz gefordert

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