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Die Unfähigkeit von NWL und RMV

14.12.15 (Hessen, Kommentar, NWL) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Planung, einen durchgehenden Zug aus Essen über Hagen, Siegen und Gießen nach Frankfurt zu führen, ist sinnvoll. Siegen ist bei traditionellen Eisenbahnverbindungen in den letzten Jahren zu einer künstlichen Bruchstelle geworden und das ohne erkennbaren Grund. Ob nun aus dem Ruhrgebiet nach Frankfurt oder aus dem Rheinland nach Gießen, durchlaufenden Züge wären komfortabler und würden auch verhindern, dass Fahrgäste nach zu oft geplatzten Anschlüssen aufs Auto umsteigen.

Die relevante Frage ist jetzt, wieso NWL und RMV nicht in der Lage sind, umsteigefreie Züge zu organisieren! Seit Jahren ist die Zielsetzung, für die Ruhr-Sieg-Strecke einen solchen Zug in die Metropolregion Rhein-Main zu schaffen bekannt. Die Deutsche Bahn nutzt die Unfähigkeit von NWL und RMV, einen durchgehenden Zug zu organisieren. Nun will zumindest der NWL diese Direktvergabe ab Dezember 2019 machen. Bei rechtswidrigen Planungen ist es üblich (und auch nicht verwerflich), dass sich jemand denkt „Es wird schon keiner klagen“.

In diesem Fall ist das aber was anderes. Wenn man den bisherigen Betreiber Abellio so dreist aus dem Markt zu drängen versucht, dann ist es naheliegend, dass dieser sich wehren wird. Gerade auch im politischen Umfeld: Da tritt man bei Mofair ein, stellt dort sogar den Verbandspräsidenten und hat bereits vor einigen Wochen angekündigt, sich gegen Fernverkehrsalimentierungen auch juristisch zur Wehr setzen zu wollen. Es ist daher nicht nur möglich, sondern man sollte wohl fest davon ausgehen, dass die Sache vor Gericht landen wird. Und auch zurecht: Es gibt ein Vergaberecht in Deutschland und das ist einzuhalten. NWL und RMV sind erkennbar außerstande, auf der gewünschten Relation einen durchgehenden Zug zu bestellen, aber dann haben sie eben Pech gehabt.

Zumal der NWL hier auch ein Paradebeispiel eines illoyalen Geschäftspartners abgibt. Im Sommer hat man Abellio noch als besten und beliebtesten Betreiber im eigenen Raum gekürt und nun rammt man denen von hinten ein Messer in den Rücken. Politischer Sachverstand scheint hier keiner vorhanden zu sein, denn sonst würde man unabhängig von den juristischen Rahmenbedingungen auch erkennen, dass dieser Umgang miteinander keine deeskalierende Reaktion nach sich ziehen kann. Unklug ist es im übrigen auch von der Deutschen Bahn, weil hier gleich eines der ersten SPFV-Alimentierungsmodelle juristisch zu kippen droht.

Das hätte zur Folge, dass man auch in Fällen, in denen vermutlich niemand klagen würde, keinerlei Regionalisierungsgelder für vermeintliche „Fernverkehrszüge“ akquirieren könnte. Doch auf der anderen Seite: Einer muss diese Sache irgendwann durchklagen und wieso sollte es nicht ausgerechnet Abellio sein? Es ist jedenfalls unwahrscheinlich, dass man sich einfach so durch die Hintertür verabschiedet und zuguckt, wie ein Teil des betriebenen Netzes per Direktvergabe der Deutschen Bahn geschenkt wird. Zumal Abellio ja bereits einen entscheidenden Beschluss des Bundesgerichtshofes erwirkt hat. Wer weiß, vielleicht gibt es bald ja ein erstes und ein zweites Abellio-Urteil?!

Siehe auch: Ruhr-Sieg-Express: NWL plant Direktvergabe an DB AG

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