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Streit zwischen EVG und Mofair zur Personalübernahme

12.11.15 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Zusammenhang mit dem Thema Personalübernahme gab es in dieser Woche eine öffentliche Auseinandersetzung zwischen Mofair und der EVG. Im Zusammenhang mit Beratungen im Bundesrat zum Thema Personalübergang sagte Verbandspräsident Hans Leister: „Wir nehmen zur Kenntnis, dass die EVG inzwischen erkannt hat, dass viele Punkte problematisch sind, und deswegen neue Vorschläge unterbreitet, die die Grundrechte der betroffenen Beschäftigen aber weiterhin missachten.“

Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht vor, dass bei Betreiberwechseln die Ansprüche, die ein Beschäftigter nach §613a BGB hat, zur Anwendung kommen. Dieser gilt eigentlich für Firmenübernahmen und -verschmelzungen, nicht aber für Betreiberwechsel im SPNV. Trotzdem soll dieser zur Anwendung kommen. Mofair kritisiert das. Man verweist auf tarifvertragliche Regelung zwischen den Unternehmen und den Gewerkschaften EVG und GDL. Dabei hat die EVG in einer Broschüre geschrieben, dass der neue Betreiber Mitarbeiter des alten Betreibers, so dieser die Leute nicht anderweitig braucht, solange übernimmt „bis sein Personalbedarf gedeckt ist.“

Im Gesetzesentwurf steht jedoch drin, dass alle vom Altbetreiber dem Vergabeobjekt zugeordneten Mitarbeiter einen Rechtsanspruch auf eine Übernahme zu bisherigen Bedingungen haben. Nach einem Jahr läuft dieser Schutz aus. Der neue Betreiber kann dann per Änderungskündigung die Eingruppierung in eigene Tarifverträge verlangen und bei zu vielen Mitarbeitern einen Teil betriebsbedingt entlassen. Dabei wären die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten. Die EVG wirft Mofair derweil vor, manipulativ und „haarsträubend“ zu argumentieren.

In einem offenen Brief heißt es: „Für uns als EVG ist es ein unhaltbarer Zustand, dass Eisenbahnerinnen und Eisenbahner, die im Nahverkehr beschäftigt sind, nur deshalb ihre Arbeitsstelle verlieren, weil die Länder oder Verbünde als Besteller – nach Auslaufen des Verkehrsvertrages – ein anderes Unternehmen mit der Erbringung beauftragen. Die Züge, die dann fahren, fahren meist auf den gleichen Strecken. Nur die Farbe ist eine andere. Und die Bedingungen, zu denen Mitarbeiter neu eingestellt werden, ändern sich – oft zum Nachteil der bisher Beschäftigten.“ In diesem Zusammenhang fällt auch der Begriff „Lohn- und Sozialdumping“.

Es soll Unternehmen geben, die nur aufgrund vermeintlicher oder von der EVG so empfundener „Dumpinglöhne“ Aufträge kriegen. Darüber hinaus habe die EVG ihre Position zum Thema mit der BAG-SPNV und dem VDV abgestimmt. Derweil hat sich auch Jürgen Knörzer, Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei DB Regio, in die Debatte eingeschaltet. „Wir haben nichts gegen einen fairen Wettbewerb. Aus unserer Sicht ist er aber gerade nicht fair, wenn er auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird!“ Er suggeriert damit ebenfalls, dass DB Regio als einziger Akteur im Markt auskömmliche Gehälter zahle und daher einen Wettbewerbsnachteil habe.

Durch Ausschreibungen im Regionalverkehr seien, so Knörzer, „Arbeitsplätze sowie Lohn- und Sozialbedingungen durchschnittlich alle 12-15 Jahre in Gefahr.“ In diesem Zusammenhang kritisiert er auch die Wettbewerbsbahnen, die größtenteils „ausländische Staatsbahnen“ als Gesellschafter hätten. Staaten, in denen es zwar auf der Schiene keinen Wettbewerb gäbe, aber dennoch sei die Personalübernahme dort gesetzlich geregelt. Forderungen, nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Rollmaterial, Werkstätten oder andere Betriebsmittel von einem zum anderen Betreiber gehen zu lassen, stellte er allerdings nicht.

Knörzer fordert nur einen Übergang der Angestellten. Der Altbetreiber ist aufgrund der Marktstruktur dabei in der Regel DB Regio, das an den Konzerntarifvertrag der Deutschen Bahn AG gebunden ist. Das wird auch so bleiben. Ein Unternehmenssprecher dementierte einen Bericht der Stuttgarter Zeitung, wonach man bei der Deutschen Bahn plane, Tochtergesellschaften zu gründen, die sich für nicht an den Konzerntarifvertrag gebunden halten.

Ein solches Vorgehen hatte es z.B. mit der damaligen DB Heidekrautbahn GmbH gegeben. Von diesen Planungen ist man 2011 wieder abgerückt und das soll auch so bleiben. Im Vorfeld war der Branchentarifvertrag für den SPNV zwischen der EVG und den Wettbewerbsbahnen abgeschlossen worden, der auch Personalübergänge regelt. Der Verbleib beim Altarbeitergeber und die Personalaufnahme mit vorhandenen Mitarbeitern haben dort allerdings Vorrang.

Siehe auch: Das dicke Ende wird kommen

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