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Ein Appell reicht nicht

05.11.15 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Unabhängig von der Frage, ob die Infrastruktur im VRR-Bereich wirklich nicht ausreichend gewartet wurde, oder ob im Moment einfach nur mehrere Unglücke aufeinandertreffen: Es reicht nicht, wenn der Aufgabenträger dem Infrastrukturunternehmen gegenüber nichts anderes als appellieren kann. Wenn ein Verkehrsunternehmen mit Verspätungen zu kämpfen hat, mit schmutzigen Zügen oder was es auch sonst so für Schlechtleistungen gibt, dann kann der Aufgabenträger (je nach Ausgestaltung des Verkehrsvertrages) ökonomischen Druck ausüben, um für mehr Leistung zu sorgen.

Nur im Infrastrukturbereich, da kann er nichts tun. Die Müngstener Brücke ist zwar ein besonders krasses Beispiel, aber politische Lehren daraus wurden nicht gezogen. Noch immer gibt es keinerlei Möglichkeiten für den Aufgabenträger, bei Schlechtleistungen des Netzbetreibers einzugreifen. Er kann sich nicht gegen Langsamfahrstellen wehren, nicht gegen seit Monaten kaputte Aufzüge oder Rolltreppen oder was auch immer dort anfallen mag. Schon vor einigen Monaten hat der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag Matthias Gastel gefordert, dass es auch im Infrastrukturbereich die Möglichkeit zur Pönalisierung geben muss – Recht hat er!

Es ist eben nicht immer alles nur massive Untersubventionierung. Im Gegenteil, wenn man sich die laufende Modernisierungsoffensive für Bahnhöfe und Haltepunkte in Nordrhein-Westfalen anguckt, dann stellt man fest, dass der Löwenanteil der Finanzierung bereits heute von Land und Bund stammen. Nur etwas mehr als vier Prozent des Geldes kommt tatsächlich aus den Konzernkassen. Jetzt kann man natürlich sagen, dass das immer noch zu viel sei, der Eigenanteil müsse weiter gesenkt werden. Aber irgendwann ist eben der Punkt gekommen, an dem es offensichtlich andere Probleme als nur den mangelnden Zufluss von öffentlichem Geld zu geben scheint.

Ob das auch heute alles noch Spätfolgen Mehdorn´scher Misswirtschaft sind, wie man gelegentlich hört, oder ob nicht auch die DB AG von heute ein Problem hat, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall ist der Aufgabenträger für die Finanzierung der meisten Züge im Netz zuständig und wenn dieser seine Belange nur über seinen eigenen Auftragnehmer, das Verkehrsunternehmen, durchsetzen kann, dann ist das mit Sicherheit nicht der Idealzustand. Es muss also auf mehreren Ebenen was passieren. Dazu gehört einerseits, dass der Aufgabenträger die Möglichkeit hat, seine Interessen wirksam durchzusetzen und andererseits dass eine objektiv auskömmliche Finanzierung sichergestellt wird.

Wer den tatsächlichen Finanzbedarf nun berechnen soll, sei dahingestellt. Denn je höher das zur Verfügung stehende LuFV-Budget ist, desto mehr Einschränkungen gibt es wiederum durch Baustellen. Auch wenn die Betriebsstabilität und -qualität dadurch langfristig verbessert wird. Nur der jetzige Zustand, in dem niemand so richtig was zu sagen hat und es zwar Gespräche, aber keine direkten Verträge zwischen Infrastrukturbetreiber und Aufgabenträger gibt, ist mit Sicherheit zu überarbeiten. Hier anzusetzen wäre wirksame Eisenbahnpolitik.

Siehe auch: VRR: Husmann kritisiert DB-Infrastruktursparten

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