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Regionalisierungsgelder: Verteilungsdebatte ist im Gange

05.10.15 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Nachdem sich Bund und Länder auf eine neue Regelung bei den Regionalisierungsgeldern geeinigt haben, gehen nun die Debatten um die Verteilung los. Eigentlich ist die Rede davon, den Kieler Schlüssel anzuwenden. Hier fehlen allerdings bei der aktuellen Einigung 500 Millionen Euro im Jahr im Vergleich zur Annahme, unter der dieser Schlüssel erarbeitet wurde. Darüber hinaus sind jährliche Umschichtungen vorgesehen, um langfristig zwar die Gelder anders zu verteilen, kurzfristig jedoch zu verhindern, dass einzelne Länder im Vergleich zum Status Quo schlechter dastehen. Es soll keinerlei Abbestellungen geben.

Nachdem in der letzten Woche von offizieller Seite Reaktionen auf die neue Regelung gekommen sind, folgten nun Fahrgastvereine, die sich mit der Sache auseinandersetzen. Der Deutsche Bahnkundenverband etwa hat für das Land Brandenburg Modellrechnungen durchgeführt und geht davon aus, dass es in den kommenden Jahren Abbestellungen im SPNV geben muss. Aufgefangen werden können die ab 2016 dramatisch weniger werdenden Mittel nur, wenn die Landesregierung bereit ist, eigenes Steuergeld zur Finanzierung in die Hand zu nehmen. Danach sieht es nicht aus. Die Länder fordern zwar regelmäßig Geld vom Bund, sind jedoch in der Regel nicht bereit, eigene Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.

Stattdessen werden im Zweifel eher Leistungen abbestellt. In Brandenburg könnten, so der DBV, alle angedachten Verbesserungen im Bezug auf Taktverdichtungen, Leistungsausweitungen und zusätzliche Stationen nicht durchgeführt werden. Alle Bahnhöfe, die weniger als 50 Ein- und Aussteiger pro Tag haben, werden nicht mehr bedient (aktuell werden die Chancen auf Wiedereinführung der Halte in Kunersdorf und Kolkwitz damit noch weiter sinken). Beim DBV scheint man eine Zugangsstation mit unter 50 Ein- und Aussteigern am Tag für erhaltenswert zu betrachten – zumindest möchte man verhindern, dass Geld aus dem Land abfließt. Insbesondere bei den Leistungen, die keine Zubringerfunktion für die Bundeshauptstadt Berlin haben, fürchtet man sich vor „drastischen Einschnitten“, zu denen auch die Abbestellung ganzer Linien gehören könnte.

Der Verband kritisiert daher die Einigung der Ministerpräsidenten und verweist zudem auf die Frage nach der Zweckbindung. Diese sei zuletzt „aufgeweicht“ worden. Tatsächlich schreibt die aktuelle Regelung nur vor, dass das Geld vorwiegend dem SPNV zugutekommen müsse. Inwieweit es im neuen Gesetz wieder eine strengere Regelung geben wird, bleibt abzuwarten. Das führt jedenfalls im Moment dazu, dass z.B. auch die Anschaffung von Linienbussen gefördert oder kommunale Verkehrsunternehmen unterstützt werden können. Da der Gesetzesentwurf noch in den Bundestag eingebracht werden muss, fordert der DBV die Brandenburger Abgeordneten parteiübergreifend zu einer Ablehnung auf.

Es seien „Nachverhandlungen“ erforderlich, um sicherzustellen, dass auch in Brandenburg künftig mehr statt weniger Geld zur Verfügung stünde. Pro Bahn hat indes eine Sammlung von über 14.000 Unterschriften für eine bessere Nahverkehrsfinanzierung an Bundestagsabgeordnete übergeben. „Wir fordern damit alle Beteiligten auf, bei der erreichten Einigung nicht stehen zu bleiben“, so der Vereinsvorsitzende Jörg Bruchertseifer. „Die vereinbarte Erhöhung wird von den Infrastrukturgebühren, die das Bundesunternehmen Deutsche Bahn AG erhebt, aufgezehrt. Dringend notwendige Fahrplanausweitungen sind so nicht möglich.“

Während der DBV zumindest indirekt auch die Länder auffordert, sich an den Kosten für den SPNV zu beteiligen, gibt es diese Stimmen bei Pro Bahn offensichtlich nicht. Winw höhere Mittelausstattung ist demnach einzig und allein Bundessache. Dass das Geld aber nicht reicht, da sind sich beide Vereine einig, auch die jetzt beschlossenen 8,0 Milliarden Euro seien zu wenig. Die Dynamisierung ab 2017 beträgt 1,8 Prozent im Jahr, aktuell liegt diese bei 1,5 Prozent.

Wie sich die Entwicklung der Trassenpreise geben wird, hängt auch vom aktuell diskutierten Eisenbahnregulierungsgesetz ab. Die Bundesregierung plant eine Kostenbremse festzuschreiben, wonach die Trassenpreise nicht stärker als die Regionalisierungsgelder steigen dürfen. Martin Burkert (SPD), Vorsitzender des Verkehrsausschusses und Vorstandsmitglied der EVG nach die Unterschriften erfreut entgegen: „Der SPNV ist für die Verfügbarkeit sozialverträglicher Mobilität eine unverzichtbare Säule, die es zu sichern und zu stärken gilt.“

Siehe auch: Das Hauen und Stechen geht los

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