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Chancen nutzen, die der Fernbus bietet

08.10.15 (Fernverkehr, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Während die gesamte Schienenlobby vor Wut schäumt, weil mit dem Fernbus neuer Marktdruck entstanden ist, geht die Oldenburger IHK mit Ruhe und Sachverstand an die Situation heran und macht sich zurecht Gedanken um die Frage, welcher Nutzen damit einhergeht. Und ja, es ist ein vielfältiger. Angefangen davon, dass es keinen Grund gibt, per Gesetz zu verbieten, dass ein Fernbusanbieter ein ÖV-Angebot für Relationen macht, auf denen die Eisenbahn faktisch keines macht. Zahlreiche deutsche Oberzentren haben in der Mehdorn-Zeit ihren SPFV-Anschluss verloren und ein Ende ist nicht in Sicht.

Auch nicht, wenn die Deutsche Bahn versucht, sich im RE-Sektor mit einer großflächigen Umfirmierung zu vermeintlichen sekundären Fernverkehrszügen vier Jahre nach dem Abellio-Urteil einen neuen Direktvergabemarkt zu schaffen. Dabei sieht man schon deutlich mehr Engagement als noch vor ein paar Jahren, als die Ausarbeitung von SPFV-Konzepten im Wesentlichen aus der Frage bestand, welche Leistungen zum nächsten Fahrplanwechsel leider eingestellt werden müssen, weil sie unwirtschaftlich sind. Inzwischen geht die DB AG mit IRE-Leistungen selbst in den Niedrigpreismarkt und sorgt dafür, dass der Verkehrsträger Schiene ein neues Angebot macht.

Während das Unternehmen Deutsche Bahn unter Druck stehen mag, profitiert der Verkehrsträger Schiene. Eine ganze Reihe an Regionen, die bislang eher wenig mit SPFV zu tun hat, wird ebenso profitieren. Auf einmal besteht die Möglichkeit, sich quasi zu Hause in den Bus zu setzen und nach Berlin, Hamburg, München oder Köln zu fahren. Was also kann eine Stadt- oder Kreisverwaltung „in der Fläche“ tun, um möglichst viele Fernbusse anzuziehen? Die Handlungsempfehlungen der IHK sind naheliegend und vernünftig: Ja, ideal ist ein zentraler Busbahnhof, den alle anfahren, am besten auch dort, wo die kommunalen Busse halten.

Das ermöglicht den schnellen Wechsel zwischen gemeinwirtschaftlichem Stadtbus und eigenwirtschaftlichem Fernbus. Auch die Anbindung an den Bahnhof, so vorhanden, ist wichtig. Was spricht denn dagegen, Reiseketten zu bilden, die teilweise mit dem Fernbus und teilweise mit dem Regionalexpress stattfinden? Wäre es da auch legitim Stationsgebühren einzuführen? Aber selbstverständlich. Die Vorhaltung eines Busbahnhofes kostet Geld und wenn mehrere Fernbusse dort halten, müssen sie sich daran beteiligen. Es kann nicht allein auf Kosten des kommunalen ÖPNV gehen.

Dabei müssen aber dann Qualitätsstandards gesetzt werden, wie auch bei der Eisenbahn gefordert (aber nicht umgesetzt): Die Fahrgastinformationen müssen funktionieren, Toiletten (falls vorhanden) ebenfalls und der Busbahnhof als öffentliche Müllkippe geht natürlich gar nicht. Falls die Betreibergesellschaft, möglicherweise die eigenen Stadtwerke, hier alles herunterkommen lassen, muss der Fernbusbetreiber die Stationsgebühren kürzen können. So profitieren am Ende alle von der neuen Regelung: Die Städte kriegen bessere Fernverkehrsanbindungen, die Schiene wird unter dem neuen Marktdruck besser und das Gesamtangebot ebenso.

Siehe auch: IHK Oldenburg publiziert Handlungsempfehlungen

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